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Hans-Jürgen Uhl
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Frage von Pia Z. •

Frage an Hans-Jürgen Uhl von Pia Z. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Uhl,
wie ist Ihre Stellungnahme zu den mit "Hartz" benannten Gesetzen, insbesondere zum Arbeitslosengeld II. Werden Sie sich im Falle Ihrer Wahl für neue, soziale Gesetze einsetzen die auch die Steuerlast von den "schmalen Schultern" auf die "breiten Schultern" verlagert. Außerdem würde mich sehr interessieren, ab Sie sich schon mal ArbeitslosengeldII-Empfänger zu einer Veranstaltung eingeladen haben und mit ihnen über ihre Nöte, Bedürfnisse und Ängste geredet haben?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Zimmermann,

in vielen Veranstaltungen und Gesprächen – unter anderem von der Diakonie und anderen kirchlichen Trägern organisiert – habe ich mir die Sorgen angehört.

Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) haben wir eine Grundsicherung für alle erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen eingeführt. Dadurch ist die Zahl der Arbeitslosen zwar statistisch um einige Hunderttausende gestiegen. Aber wir haben damit eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger aus der Sozialhilfe herausgeholt. Sie erhalten jetzt endlich das gleiche umfassende Angebot an Förderung und Jobvermittlung wie alle anderen Arbeitssuchenden. Wir haben bisherige Sozialhilfeempfänger in die Sozialversicherung einbezogen.

In den Bereichen, wo es Fehlentwicklungen oder Ungerechtigkeiten gibt, muss das korrigiert werden.

Wir werden die Höhe des Arbeitslosengeldes II auf einheitlich 345 Euro in Ost- und Westdeutschland angleichen. Bei der Anrechnung von Einkommen werden wir bei-spielsweise dafür sorgen, dass die Eigenheimzulage in der Regel künftig nicht mehr angerechnet wird.

Wir wollen, dass kein junger Mensch sein Arbeitsleben mit Arbeitslosigkeit beginnen muss. Deswegen ist es unser Ziel, dass kein junger Mensch unter 25 Jahren länger als 3 Monate ohne Arbeit, Ausbildung oder weiterführende Beschäftigung ist. Dabei soll auch der mit der Wirtschaft vereinbarte Ausbildungspakt helfen. Schon im letzten Jahr ist mit einem Zuwachs von 22.500 Ausbildungsverträgen die Trendwende am Ausbildungsmarkt gelungen. Auch dieses Jahr sollen alle ausbildungsfähigen und -willigen jungen Menschen ein Ausbildungsangebot bekommen. Hier sind die Unternehmen in der Verantwortung.

Auch die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigen besondere Förderung. Den Trend der Verdrängung Älterer aus dem Arbeitsleben wollen wir stoppen: Mit lebenslangem Lernen, mit Lohnkostenunterstützung der Bundesagentur für Arbeit und mit der Förderung von bis zu 50 regionalen Beschäftigungspakten für Ältere. Hierfür stellen wir bis zu 250 Mio. Euro zur Verfügung. Weil der Arbeitsmarkt für Ältere in weiten Teilen Deutschlands weiterhin so schwierig ist, haben wir uns entschlossen, die ursprünglich für den 1. Februar 2006 vorgesehene Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I um zwei Jahre auf den 01.02.2008 zu verschieben. Sollte sich auch dann keine Verbesserung der Situation ergeben, müssen wir meiner Meinung nach weiterhin dafür sorgen, dass hier eine besondere Regelung greift, die der Tatsache Rechnung trägt, dass ältere Arbeitnehmer häufig sehr lange ohne Unterbrechung in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

Wir wollen Lohndumping entschieden bekämpfen. Deshalb haben wir auch den Bolkestein-Entwurf der EU-Dienstleistungsrichtlinie verhindert. Mit der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen unterstützen wir die Tarifvertragsparteien bei der Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping. Die Tarifvertragsparteien sind aufgefordert, bundeseinheitliche tarifliche Mindestlöhne in allen Branchen zu vereinbaren. Soweit dies nicht erfolgt oder nicht erfolgen kann, wollen wir Maßnahmen für einen gesetzlichen Mindestlohn ergreifen. Damit wird auch die Zumutbarkeitsregelung des SGB II nicht zu Lohndumping führen können.

Zu Ihrer Frage nach der Steuerlast:

Wir haben seit 1998 mit unserem Steuersenkungsprogramm für mehr Gerechtigkeit gesorgt. Eingangs- und Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer sind historisch niedrig auf 15% bzw. 42%. Das steuerfreie Existenzminimum liegt heute bei 7.664 Euro. Insgesamt haben wir die privaten Haushalte steuerlich um 47 Mrd. Euro entlastet. Hiervon haben insbesondere private Haushalte mit geringen bis mittleren Einkommen sowie Familien profitiert.
Die untersten 20% der Einkommen sind von der Steuer befreit. Familien mit zwei Kindern zahlen bis zu einem Bruttojahreseinkommen von 35.550 Euro keine Steuern, wenn das Kindergeld mit einberechnet wird. Vor unserem Regierungsantritt 1998 zahlte diese Familie noch rund 3.000 Euro Steuern.

Angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte sind weitere Steuersatzsenkungen weder erforderlich noch finanzierbar. Das würde die Handlungsfähigkeit unseres Staates gefährden. Richtschnur für weitere Reformschritte in der Steuerpolitik ist die Aufkommensneutralität und Gerechtigkeit.

Wir wollen an dem bewährten Einkommensteuersystem festhalten: Es gilt der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Weder der Stufentarif von CDU/CSU noch die einheitliche Kopfsteuer (flat tax) der FDP entsprechen dem Grundsatz eines sozial gerechten Steuersystems. Beides wollen wir nicht.

Wir wollen den Körperschaftsteuersatz auf 19% absenken. Diese Absenkung muss aber vollständig (aufkommensneutral) aus dem unternehmerischen Bereich gegenfinanziert werden. Durch eine rechtsformunabhängige und finanzierungsneutrale Unternehmenssteuer sollen die Betriebe künftig einheitlich besteuert werden. Damit wird es in Zukunft keine Unterscheidung mehr geben zwischen Unternehmen, die Körperschaftsteuer zahlen und Unternehmen, die Einkommensteuer zahlen. Alle werden zukünftig dieselbe Steuer zahlen.

Eine Anhebung der Mehrwertsteuer lehnen wir ab. Das würde angesichts der derzeit schwachen Binnennachfrage in die falsche Richtung weisen und die sich abzeichnende wirtschaftliche Erholung gefährden. Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner, Studenten, Selbständige und Handwerksbetriebe wären von der Anhebung der Mehrwertsteuer stark betroffen.

Die Gewerbesteuer als wichtige Haupteinnahmequelle der Kommunen ist auf unsere Initiative hin zu einer verlässlichen und stetigen Finanzierungsquelle geworden. Wir wollen die Gewerbesteuer als kommunale Steuer erhalten. Vor allem durch meinen Einsatz ist es gelungen, die Gewerbesteuerliche Organschaft zu erhalten. Dieses sichert der Stadt Wolfsburg Millionen an Gewerbesteuern für beschäftigungswirksame Investitionen.

Wir wollen auch den zum Teil ruinösen europäischen Standortwettbewerb über Steuern begrenzen, der die finanzielle Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte gefährdet. Deswegen streben wir eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen und Mindeststeuersätze für Unternehmensgewinne auf Ebene der EU an.

Wir wollen, dass hohe Individualeinkommen - ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro (Ledige) bzw. 500.000 Euro (Verheiratete) - stärker zur Finanzierung von notwendigen staatlichen Aufgaben herangezogen werden. Sie sollen zukünftig einen Steuersatz von 45% statt bisher 42% zahlen. Das Mehraufkommen wollen wir in Bildung und Forschung – und damit in unser aller Zukunft – investieren.

Die private Erbschaftssteuer und das hiermit zusammenhängende Bewertungssystem wollen wir sozial gerecht und verfassungsfest umgestalten. Das gilt insbesondere für große Erbschaften.

An der Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen halten wir fest. Ebenso an der Pendlerpauschale, die Millionen von Arbeitnehmern den Weg zur Arbeit finanziell erleichtert.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Uhl, MdB