Frage an Hans-Jürgen Irmer von Markus M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Irmer,
vielen Dank für die zügige Beantwortung meiner Frage vom 5.8.2013. Ihre Antwort wirft für mich aber weitere Fragen auf.
Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass Osama Bin Laden in einer völkerrechtlich fragwürdigen Kommandoaktion getötet wurde und auch Ihnen das bewusst war. Aber über zwei Jahre nach dessen Tod noch von dessen "Mördertruppen" zu schreiben und das ständige herunterbeten der "islamischen" Gefahr, erinnert doch ein wenig an Orwells "Unperson" Emmanuel Goldstein.
Kurz: die Gefahr durch Terrorismus ist sicherlich real, ich empfinde Ihre Reaktionen (unter anderem Überwachung mit einem seit zwei Jahren Toten zu begründen) als wahnhaft.
Angesichts von Frau Merkels "Neuland" Kommentar, dem zähen Informationsfluss und den Erfahrungen die z.B. Ihr Parteikollege Michael Blume (Sollten sich "anständige Bürger" wegen der Überwachung sorgen? – Ein Erfahrungsbericht aus den Schattenkriegen) gemacht hat, finde ich, dass die Angst des Bürgers da weder von Herrn Schily, noch von Ihnen oder sonst jemand als "wahnhaft" abgetan werden sollte, zumal man als Bürger leider den Eindruck gewinnt unsere Politiker entnehmen Ihr Wissen um die "NSA"-Affäre selber den Medien (ihre "1 %" scheinen ja aus der Quelle "Die Welt" zu stammen).
Leider sind Sie mir die Antwort schuldig geblieben inwiefern Vorratsdatenspeicherung zur Aufdeckung der Sauerlandgruppe verwendet wurden. Ich nehme an, das sie sich dazu nicht weiter äußern wollen, können oder dürfen?
Zu den von Ihnen erwähnten "verhinderten" "versuchte Anschlägen": hierzu gibt es keine konkreten Angaben nur Vermutungen im Sinne von "es könnten auch mehr oder weniger sein".
Wieviel Überwachung würden Sie zustimmen um ein Menschenleben zu retten?
Wie weit darf das "Sicherheitgrundrecht" die anderen Grundrechte einschränken? Empfinden Sie es wirklich als Verhältnismäßig Einige Millionen Verbindungen zu überwachen um "fünf versuchte Anschläge" zu verhindern?
Herzlichen Gruß,
Markus Mattzick
Sehr geehrter Herr Mattzick,
für Ihre E-Mail vom 07.08.2013 besten Dank. Erlauben Sie mir, in Kurzform zu antworten. Ich werde auch in Zukunft von Bin Ladens Mördertruppen deshalb sprechen, da zwar die Person Bin Laden tot ist, seine Nachfolger sich aber in ihrem Kampf gegen den "dekadenten Westen" nicht beirren lassen, sondern weiter morden, Anschläge und Attentate planen. Auch und gerade deshalb benötigen wir die Möglichkeiten für den Bundesnachrichtendienst und auch für den Verfassungsschutz, Kontakte, die zu Attentaten führen können, zu überwachen, um präventiv tätig zu sein.
Für mich persönlich gibt es die "islamische Gefahr". Sie mögen anderer Meinung sein. Das ist Ihr gutes Recht, aber wenn ich mich auf der politischen Weltkarte umschaue, muss ich feststellen, dass in praktisch allen islamischen Staaten dieser Welt die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Dies erfüllt mich mit Sorge. Und wenn man sich dann gelegentlich etwas intensiver auch mit dem Koran befasst, dann wird die Sorge nicht kleiner. Das heißt nicht, dass jeder Moslem, gerade in Deutschland, unter Generalverdacht steht, damit hier keine Missverständnisse aufkommen.
Es ist nicht meine Aufgabe, Herrn Schily zu interpretieren. Ich vermute, dass er mit der Bezeichnung "wahnhaft" eine überzogene Reaktion in der deutschen Öffentlichkeit anprangern wollte. Die Reaktion halte ich persönlich auch für überzogen, denn ich würde nie anderen unterstellen, dass sie einem wie auch immer gearteten "Wahn" unterliegen.
Im Übrigen führe ich keine Diskussion darüber, wie viel Millionen Verbindungen überwacht werden, welche Zahl sinnvoll ist. Ich denke, dass wir in Deutschland insgesamt ein ausgewogenes Maß an Freiheit und Sicherheit gefunden haben. Ich bin froh, dass es durch die Geheimdienste insgesamt gelungen ist, den geplanten Terroranschlag der Sauerlandgruppe aufzudecken. Wie viele Gespräche dabei abgehört wurden oder wie viel Mail-Verkehr eingesehen wurde, weiß ich nicht, das interessiert mich auch nicht. Entscheidend ist der Erfolg im Sinne der Sicherheit der Bürger.
Damit Sie und alle anderen Bürger auch in Zukunft, soweit es irgendwie machbar ist - 100 Prozent Sicherheit gibt es ohnehin nicht -, in Frieden und Sicherheit leben können, ist es notwendig, entsprechende Daten zu überprüfen. Man muss meine Meinung nicht teilen, aber Sie haben den Anspruch darauf, von mir eine offene und ehrliche Antwort zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hans-Jürgen Irmer