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Hans-Joachim Otto
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Frage von Dominik L. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Dominik L. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Otto!

In diesem Jahr kommt der amerikanische Kriegsfilm "Inglorious Basterds" in die Kinos. Der Film wirbt schon in der Vorschau damit, besonders gewalttätig und gewaltverherrlichend zu sein. Seine spezielle Eigenart, die ihn von unzähligen anderen ähnlichen Machwerken abheben und zu einem weltweiten Kassenschlager mit mehreren hundert Millionen Dollar Gewinn machen soll, liegt neben der Popularität des Regisseurs Quentin Tarantino darin, dass er das beliebte Hollywood-Feindbild des "bösen Deutschen" aufgreift.

Hauptthema des Films ist laut Vorschau offenbar, dass Soldaten der Wehrmacht und andere Deutsche, wobei hier wie so oft Deutsche mit "Nazis" synonym gesetzt werden, auf brutalste Weise gefoltert und ermordet werden.

Aus der Presse (u.a. Internetseite der Märkischen Allgemeinen vom 4.11.2008) kann man entnehmen, dass diese in meinen Augen zumindest sehr grenzwertige, wenn nicht gar als antideutsch einzustufende Produktion auch in Deutschland gedreht wurde und anscheinend auch Geld des deutschen Steuerzahlers in Form von Filmfördergeldern erhielt.

Meine Frage lautet nun: Halten Sie es für richtig, dass solch ein Film, der übrigens auch sowieso keiner deutschen Filmförderung bedurft hätte, durch den deutschen Steuerzahler mitfinanziert wird? Werden hier nicht die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges pauschal verhöhnt und außerdem einem breitesten Publikum verzerrt präsentiert? Operiert die Filmförderung abgekoppelt von inhaltlichen Bedenken alleine mit dem Ziel, möglichst viele Filme in Deutschland produzieren zu lassen? Werden Sie ggf. mit darauf hinarbeiten, dass in Zukunft die Vergabe deutscher Filmfördermittel genauer geprüft wird?

Ich kontaktiere bewusst Sie, weil ich Ihrer SPD-Kollegin Krüger-Leißner weder eine differenzierte Betrachtungsweise dieses sensiblen geschichtlichen Themas zutraue, noch dass sie überhaupt meine Bedenken nachvollziehen kann. Zudem war sie an der Vergabe laut Presse maßgeblich beteiligt.

Vielen Dank!

Dominik Locher

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Locher,

vielen Dank für Ihre Frage vom 06.03.09. Den Film "Inglourious Basterds" habe ich noch nicht gesehen, eine fundierte Diskussion über dessen Inhalt ist mir demnach leider nicht möglich. Vor dem Hintergrund bisheriger Werke von Quentin Tarantino ist allerdings in der Tat davon auszugehen, daß es sich dabei wieder um einen relativ gewalthaltigen Film handeln wird. Die Selbstkontroll-Einrichtungen in Deutschland werden den Film mit einer entsprechenden Alterskennzeichnung versehen.

Ihre Vermutung, daß der potentielle Erfolg des Films - der im übrigen ja noch gar nicht feststeht - auf die Vermittlung des "beliebten Hollywood-Feindbilds des bösen Deutschen" zurückgehen wird, kann ich so nicht teilen. Ich glaube, daß die Gründe von Erfolg oder Nicht-Erfolg von Filmen vielschichtiger sind. Auch insgesamt halte ich die Motive stark überzeichneter Charaktere, die auch in anderen Tarantino-Filmen zu finden sind, für vertretbare Ausprägungen künstlerischer Freiheit. Das gilt auch, wenn es sich bei den überzeichneten Charakteren in diesem Fall um deutsche Nationalsozialisten handelt. Ich glaube, daß wir selbstbewußt und gleichzeitig demütig genug sein sollten, uns mit der deutschen Vergangenheit einerseits und dem im Ausland vermittelten Bild des "typischen Deutschen" andererseits auseinandersetzen zu können.

Davon unabhängig ist Ihre völlig berechtigte Frage nach der Förderung. Den Förderzusagen 2009 des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) ist zu entnehmen, daß die Produktion von "Inglourious Basterds" mit 6,8 Millionen Euro gefördert wird. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß es sich beim DFFF nicht um ein Instrument der Kulturförderung handelt. Das bedeutet, daß nicht etwa bestimmte Inhalte als besonders förderungswürdig angesehen und daher unterstützt würden (das wäre bei einem solchen Projekt ohnehin in der Tat wohl problematisch). Durch den DFFF werden reine Produktionskostenzuschüsse vergeben, die insbesondere zum Ziel haben, internationale Produktionen nach Deutschland zu holen und den Produktionsstandort Deutschland zu stärken. Das ist bei diesem Film offensichtlich gelungen. Das bedeutet, daß Sie einerseits völlig Recht haben: der Film wäre auch ohne deutsche Fördergelder entstanden; vermutlich allerdings nicht in Deutschland.

Ob unter dem Strich durch den DFFF für die Volkswirtschaft positive Effekte entstehen - durch Arbeitsplätze im Bereich der Filmproduktion, durch erhöhte Steuereinnahmen, etc. - muß noch sorgfältig evaluiert werden. Ich vermute allerdings, daß sich der DFFF für den Filmstandort Deutschland durchaus rechnet. Wir dürfen auch nicht die Augen davor verschließen, daß in den meisten europäischen Ländern unterschiedliche Formen der Produktionskostenzuschüsse vergeben werden. Es wäre fahrlässig, nicht darauf zu reagieren. Daß die mutmaßliche Verknüpfung des möglicherweise problematischen Inhalts eines Films mit der Tatsache der öffentlichen Förderung auf Unverständnis stoßen kann, ist allerdings ein Problem. Auch in dieser Hinsicht haben Sie Recht.

Ich denke, eine noch offenere und breitere Kommunikation von Sinn und Zweck des DFFF ist angebracht. Ich hoffe, daß ich mit dieser Antwort ein wenig dazu beigetragen habe.

Ihnen wünsche ich weiterhin viel Spaß im Kino - Gott sei dank beschränkt sich die Auswahl ja nicht nur auf Filme wie "Inglourious Basterds".

Hans-Joachim Otto