Frage an Hans-Joachim Otto von Heiko K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Otto,
was sagen Sie zum britischen Abhörprogramm "Tempora", dem Anzapfen von Glasfaser-Kabeln durch den britischen Geheimdienst?
Vertrauliche Daten deutscher Staatsbürger werden hier abgesaugt, ausgewertet und im Zuge des UKUSA Agreements (Five Eyes) vermutlich auch an Australien, Kanada, Neuseeland und die USA weitergegeben.
Eine Reaktion der Bundesregierung steht bisher aus - wie sollte diese Ihrer Meinung nach aussehen?
Beste Grüße,
Heiko Krämer
Sehr geehrter Herr Krämer,
die Bundesregierung ist im Zusammenhang mit den Vorwürfen über eventuelle Abschöpfungen von Daten in Deutschland durch die amerikanischen und britischen Geheimdienste an einer schnellen und vor allem vollständigen Aufklärung interessiert.Aus diesem Grund hat sie unmittelbar nach den ersten Medienberichten über das Programm „Tempora“ von der britischen Regierung offiziell Aufklärung verlangt. Dazu hat das Innenministerium einen Fragenkatalog an den britischen Botschafter gesandt. Obwohl eine vollumfängliche Beantwortung noch aussteht wurde der Bundesregierung inzwischen sowohl von britischer als auch von amerikanischer Seite schriftlich versichert, dass durch die Aktivitäten der Geheimdienste beider Staaten in keinem Fall nationales, deutsches Recht verletzt wird. Darüber hinaus steht die Bundesregierung natürlich in engem Austausch mit den beiden Regierungen und wird weiterhin auf die vollständige Beantwortung aller übersandten Fragen dringen.
Um angesichts der aktuellen Debatte um die Programme Prism und Tempora die Freiheit und Sicherheit der deutschen Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, hat die Bundesregierung am 19. Juli dieses Jahres im Rahmen des 8-Punkte-Programms Maßnahmen für einen besseren Schutz der Privatsphäre der deutschen Bürgerinnen und Bürger eingeleitet. Inzwischen haben die Ministerien mit der Umsetzung des Programms begonnen. Erste konkrete Ergebnisse wurden bereits erzielt und sind im Fortschrittsbericht (http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/S-T/massnahmen-fuer-einen-besseren-schutz-der-privatsphaere,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf ) vom 14. August dokumentiert, auf den ich an dieser Stelle auszugsweise eingehen will.
Zunächst wurden die sogenannten Verwaltungsvereinbarungen, die in den 60er Jahren mit den damaligen Alliierten geschlossen wurden, in gegenseitigem Einvernehmen aufgehoben. Die Vereinbarungen wurden damals zu dem Zweck geschlossen, den Siegermächten Zugriff auf die Erkenntnisse der deutschen Dienste zu gewähren. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es nach Auskunft der Behörden seit der deutschen Wiedervereinigung keine Anfragen an diese mehr gegeben hat.
Weiterhin hat die Bundesregierung den BND beauftragt, Vorschläge für ein gemeinsames Regelwerk der EU-Auslandsnachrichtendienste vorzulegen. Langfristig wollen wir dadurch das Ziel erreichen, anstelle von verschiedenen bilateralen Absprachen einen gemeinsamen europäischen Weg zu beschreiten.
Eine weitere Aufgabe für die Zukunft wird darin bestehen, auf eine Vereinheitlichung der bisher sehr unterschiedlichen Datenschutzstandards sowohl auf europäischer als auch auf UN- Ebene hinzuwirken und dabei deutsche Vorstellungen einzubringen. Wir wollen digitale Freiheitsrechte international verankern, um auch bei der schnell fortschreitenden Globalisierung der Telekommunikation einen wirksamen Schutz der Privatsphäre gewährleisten zu können.
Das vielleicht wichtigste Projekt besteht in der Entwicklung einer gemeinsamen europäischen IT-Strategie, um in der Konsequenz den Aufbau verstärkter Kompetenzen im Bereich der IKT-Schlüsseltechnologien zu gewährleisten. In den kommenden Jahren wird es unsere Aufgabe sein, sowohl den deutschen als auch den europäischen IT-Standort zu fördern, indem wir optimale Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung digitaler Technologien schaffen sowie bestmögliche Wachstumsbedingungen für Industrieunternehmen und innovative Start-ups sichern.
Um speziell für Unternehmen, die Sicherheitstechnik herstellen, bessere Bedingungen zu schaffen, trat gestern erstmalig ein Runder Tisch zum Thema „Sicherheitstechnik im IT-Bereich“ aus Vertretern der Politik, von Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft in Berlin zusammen.
Ich bin überzeugt, dass wir mit der Umsetzung des 8-Punkte-Programms die notwendigen und richtigen Schritte eingeleitet haben, um die Privatsphäre deutscher Bürgerinnen und Bürger zu schützen und eine starke und unabhängige IT-Branche in Europa zu schaffen.
Letztlich geht es also darum, den von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler in den vergangenen vier Jahren beschrittenen Weg auch in der Zukunft erfolgreich weiterzugehen. Nur wenn wir auch in den kommenden Jahren den Breitbandausbau und die Gründerförderung für Internet-Start-ups vorantreiben, können wir dafür Sorge tragen, den deutschen IT-Standort im Verbund mit den anderen EU-Staaten stark und vor allem wettbewerbsfähig zu machen.
Generell möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die von der Bundesregierung errichtete Stiftung Datenschutz bereits auf www.stiftung-datenschutz.org darüber informiert, was jeder zusätzlich zu den Maßnahmen der Regierung für den eigenen Datenschutz und die Sicherheit im Internet tun kann.
Lassen Sie mich zu guter Letzt noch hinzufügen, dass es mir als Mitglied einer Bürgerrechtspartei ein besonderes Anliegen ist, für größtmögliche Transparenz zu diesem Thema zu sorgen. Die FDP wird weiterhin Druck machen bis wir von der amerikanischen und der britischen Regierung konkrete und ausreichende Antworten auf alle offenen Fragen bekommen haben. Zudem haben wir in der FDP schon am 7.7.2013 ein 13-Punkte Programm für einen besseren Datenschutz verabschiedet. Dieses Programm fordert eine sofortige Aufklärung und den Stopp eventueller Überwachungsaktivitäten der Amerikaner und Briten, sollten diese auf deutsche Bürgerinnen und Bürger gerichtet sein.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto