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Hans-Joachim Otto
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Frage von Michael S. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Otto, lieber Parteifreund,

wir alle sollten stolz auf unsere Verfassung und der uns darin garantierten Grundrechte sein. Die Grundrechte sind auch Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat und dienen dazu die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern. Die Grundrechte haben im Rahmen ihres Geltungsbereiches einen negatorischen, auf das Unterlassen staatlicher Eingriffe gerichteten Anspruch, zu gewähren. Sie sichern eine gerichtliche Überprüfung der Einwirkungen der öffentlichen Hand in den Schutzbereich des Grundrechts zu. Dem Bürger ist es somit möglich, entsprechende Verwaltungsakte gegen ihn aufheben zu lassen.

Seit vielen Jahren ist es den Führerscheinbehörden möglich in die persönliche Freiheit des Bürgers einzugreifen ohne sich einer direkten gerichtlichen Überprüfung ihrer Entscheidung stellen zu müssen. Diese Grundrechtsmissachtung ist nur möglich, weil die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht als Verwaltungsakt eingeordnet wird. Auch wenn der Gesetzgeber den Führerscheinbehörden einen engen Rahmenkatalog vorgegeben hat, liegt die Entscheidung im Ermessen der Behörde und muss auf deren Fehler überprüfbar sein. Eine Weigerung des Betroffenen führt stets zum Entzug der Fahrerlaubnis durch die Behörde. Erst dann handelt es sich um einen anfechtbaren Verwaltungsakt. gegen Eine Kontrolle der Entscheidung ist somit nur im Rahmen der Überprüfung der Fahrerlaubnisentziehung möglich. Bis zur Urteilsverkündung des Verwaltungsgerichts muss der Betroffene aber eine enormen Eingriff in seine Lebensgestaltung hinnehmen. Das kann in vielen Fällen zum Verlust der Existenzgrundlage führen. Ein so starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ohne Abwehrmöglichkeit unterwandert unsere Verfassung.

Der Gesetzgeber muss das Handeln der Behörden in die rechtsstaatliche Sphäre einbinden!

Wann gibt es hierzu eine Gesetzesinitiative der FDP?

Mit liberalen Gruß,
Michael Seibt

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Seibt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 22.02.2009.

Der Schutz der Freiheitssphäre des Einzelnen stellt für die FDP ein außerordentlich wichtiges Thema dar. Es gilt, diese Rechte auch bei Verkehrskontrollen und möglicherweise daran anknüpfenden staatlichen Maßnahmen zu wahren. Für mich ist daneben allerdings auch selbstverständlich, daß Alkoholmißbrauch am Steuer weiterhin wirksam bekämpft werden muß.

Zu einer rechtsstaatlich einwandfreien Durchführung solcher Maßnahmen gehört es, daß für die betroffene Person zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar bleibt, weshalb z. B. eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet wird und nach welchen Kriterien die daraus resultierende Beurteilung hervorgeht. Bei potentiellen Unstimmigkeiten muß der Bürger zudem die Möglichkeit haben, die Entscheidung anzufechten bzw. überprüfen zu lassen.

Der Kritik an der von Ihnen beschriebenen Praxis stimme ich vor diesem Hintergrund zu: eine Überprüfung der aus einer MPU hervorgehenden Beurteilung muß möglich sein. Zurzeit ist die Anfechtung der Ergebnisse einer MPU offenbar nur dann möglich, wenn der betroffenen Person als Folge der Anfechtung die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Hier könnte es einer Korrektur dahingehend bedürfen, daß bereits die Anordnung der MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde im Verwaltungsrechtsweg überprüfbar ist. Die geltende Regelung, eine MPU nicht als Verwaltungsakt einzustufen und sie somit dem Gutdünken der jeweiligen Fahrerlaubnisbehörde zu überlassen, mißachtet möglicherweise die Tatsache, daß es sich hierbei um einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Bürger handelt.

Zu Ihrer abschließenden Frage bezüglich einer möglichen Gesetzesinitiative seitens der FDP möchte ich darauf hinweisen, daß die FDP in Baden-Württemberg bereits 2001 unter Federführung von Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll ein 5-Punkte-Programm zur Verbesserung der bestehenden MPU-Regelung vorgeschlagen hatte. Diese Bemühungen sollten weiter intensiviert werden. Ich werde Ihr Anliegen daher auch meinem in der FDP-Bundestagsfraktion für Verkehrspolitik zuständigen Kollegen Horst Friedrich weiterleiten.

Mit liberalen Grüßen

Hans-Joachim Otto