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Hans-Joachim Otto
FDP
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Frage von Dietmar L. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Dietmar L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo H. Otto

Ich habe mir mal die Mühe gemacht die Nebentätigkeiten der 43 hessischen Abgeordneten im Bundestag zu zählen. Ich habe nur die gezählt ab 6 Tätigkeiten aufwärts. Unabhängig davon ob diese Tätigkeiten temporär oder aus Dauer angelegt sind, ergab sich eine wirklich erstaunliche Zahl.
17 von 43 Abgeordneten kommen allein zusammen auf 159 Nebentätigkeiten. Bei diesen schwankt die Zahl zwischen 8und 20
Abgesehen davon, ob diese Tätigkeiten ehrenamtlich sind oder nicht, stellt sich mir / uns die Frage: Wie geht das???
Auch ich bin neben meiner Tätigkeit als Untenehmer ehrenamtlich als Gründungsstifter einer Bürgerstiftung engagiert. Ich kann ja verstehen, wenn sie Ihre berufliche Qualifikation erhalten und ausbauen wollen". Aber brauchen Abgeordnete dafür bis zu 20 solcher Tätigkeiten?
Nur eine handvoll Abgeordneter haben keine dieser Tätigkeiten. Lässt einem die Tätigkeit als Abgeordneter wirklich soviel Zeit diese Jobs alle befriedigend zu bewältigen?
Ich / Wir haben da unsere Zweifel. Auch wir sind von dieser Welt und wissen was ein Mensch schaffen kann oder nicht.
Und wenn dann vor dem Hintergrund der Tatsache dieser Nebentätigkeiten und den daraus resultierenden teilweise erheblichen Nebeneinkünfte eine Diätenerhöhung faktisch beschlossen ist, finde ich das geradezu unmoralisch um nicht zu sagen gefährlich.
Ich muss Ihnen nicht erklären wem Politikverdrossenheit letzendlich nutzt. Meistens denen, die unserer Demokratie schaden. Warum wundern sich Politiker eigentlich immer über eine schlecht Wahlbeteiligung?
Ich habe den Eindruck wir brauchen im Moment noch viel mehr "LINKS" . Denn das scheint mehr zu bringen als aller öffentlicher Druck.
Als politisch interessierter und gesellschaftlich engagierter Mensch habe ich erstmals bei den hessischen Landtagswahlen von meinem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht.
Dieses aus Verdrossenheit über die Ungleichheit unter Gleichen und die Arroganz mancher Politiker

Mit freundliche Grüßen

Dietmar Ludwig

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ludwig,

vielen Dank für Ihre Mail vom 18.05.08 zum Thema "Nebentätigkeiten". Ich möchte meiner Antwort vorausschicken, daß ich in dieser Sache nur für mich ganz persönlich sprechen kann, und nicht für die Abgeordneten, denen Sie Ihr Anliegen unter Umständen ebenfalls zugetragen haben.

Zunächst einmal ist zu sagen, daß in der öffentlichen Diskussion - und letztendlich auch in Ihrem Schreiben - der Begriff "Nebentätigkeiten" sehr pauschal und undifferenziert gebraucht wird. Dabei existieren dort erhebliche Unterschiede, z.B. zwischen einem weitergeführten Beruf neben dem Abgeordnetenmandat auf der einen Seite und dem ehrenamtlichen Engagement in einem Verein auf der anderen.

Was meine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar angeht, darf ich darauf hinweisen, daß ich diesen Beruf schon vor meiner Wahl in den Deutschen Bundestag ausgeübt habe und dies - wenn auch nur sehr eingeschränkt - weiterhin tun möchte. Denn gerade als Abgeordneter möchte ich mir meine berufliche und politische Unabhängigkeit sowie meine Individualität bewahren und gleichzeitig den Bezug zum beruflichen Alltag nicht verlieren. Es wäre aus meiner Sicht sogar sehr zu begrüßen, wenn noch mehr Politiker unmittelbar erfahren würden, welche Konsequenzen ihre politischen Entscheidungen z.B. auf die Realitäten des Arbeitsmarktes haben.

Im Hinblick auf die nicht-beruflichen Nebentätigkeiten kann ich ebenfalls nicht erkennen, daß ehrenamtliches Engagement Politikverdrossenheit befördern solle. Ist ehrenamtliches Engagement nicht grundsätzlich positiv zu bewerten - ganz gleich, wer sich engagiert? Viele dieser Tätigkeiten sind übrigens keine "Nebentätigkeiten" im engeren Sinne sondern Konsequenz aus der Wahl zum Volksvertreter. So bin ich offiziell vom Deutschen Bundestag - um nur einige zu nennen - in den Beirat der Bundsnetzagentur, in das Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und in den Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes entsandt worden - alles selbstverständlich ehrenamtlich.

Im übrigen erlaube ich mir den Hinweis, daß aus meiner Sicht dem einfachen undifferenzierten Zusammenzählen von "veröffentlichungspflichtigen Angaben" keine wirkliche Aussagekraft innewohnt. Viel wichtiger wäre die Frage, ob bestimmte entgeltliche Tätigkeiten nach dem Einzug in den Deutschen Bundestag aufgenommen wurden oder ob von problematischen Interessenkonflikten auszugehen ist.

Bzgl. Ihrer Anmerkungen zur jüngsten Diätenerhöhung darf ich schließlich darauf hinweisen, daß die FDP-Bundestagsfraktion diese ablehnt. Ich gebe Ihnen dabei Recht, daß die Diskussion um die von der Großen Koalition geplante Erhöhung der öffentlichen Wahrnehmung aller Abgeordneten geschadet hat.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Mit freundlich Grüßen

Hans-Joachim Otto