Frage an Hans-Joachim Otto von Rainer K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Otto,
zur Diätenerhöung gibt es verschiedene Meinungen in der Bevölkerung und auch im Bundestag.
Was mich allerdingst bei der Abstimmung am meisten bestürzt hat ist, dass es eine erhebliche Anzahl von MdBs gibt, die sich an dieser Abstimmung nicht beteiligt haben, u.a. der Bundestagspräsident, der Innenminister, der Umweltminister, ...und auch Sie aus meinem Wahlkreis. Deshalb meine Frage: Gibt es Gründe für die Nichtteilnahme, z.B. keine Zeit, keine Meinung, sich heraushalten?
Dem Wähler wird immer wieder beschwörend eingetrichtert: Gehen Sie zur Wahl! Wer nicht wählt hat nicht das Recht sich hinterher zu beschweren.
Gilt das für MdBs nicht?
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Kowalkowski
Sehr geehrter Herr Kowalkowski,
vielen Dank für Ihre Frage vom 17.11.2007. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, daß jeder einzelne sich am demokratischen Wahlprozeß beteiligen sollte, um so seinen Einfluß auf die Politik geltend machen zu können.
Natürlich sollte sich auch jeder Bundesabgeordneter an Abstimmungen beteiligen. Leider war mir dies bei der von Ihnen angesprochenen Abstimmung zur Reform der Diäten nicht möglich, da ich wichtige Termine im Wahlkreis wahrgenommen habe.
Zudem möchte ich Ihnen die Arbeit des Bundestages näher erläutern: Ein Großteil der parlamentarischen Arbeit spielt sich in den Ausschüssen ab, die auf Beschluß des Bundestages für die Dauer der gesamten Wahlperiode gebildet werden. In den Ausschüssen konzentrieren sich die Abgeordneten auf ein Teilgebiet der Politik. Sie beraten alle dazugehörigen Gesetze vor der Beschlußfassung und versuchen, bereits im Ausschuß einen mehrheitsfähigen Kompromiß zu finden. Dabei lassen sich die Ausschüsse von Regierung und Sachverständigen informieren, um sich ein Bild über bestimmte Sachverhalte zu machen. Als federführender Ausschuß beriet der Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung die Änderung des Abgeordnetengesetzes, daran beteiligt waren auch der Innen-, der Rechts- und der Haushaltsausschuß in mitberatender Funktion. Dabei muß beachtet werden, daß man sich als einzelner Abgeordneter, dessen Fachgebiet andere Bereiche betrifft, auf die Arbeit der Experten des federführenden Ausschusses verlassen muß bzw. sich den Anträgen aus seiner eigenen Fraktion anschließt. Vielfach ist aber aufgrund der eigenen Arbeitsbelastung eine ständige Anwesenheit im Plenum und damit eine Stimmabgabe nicht möglich. Es muß daher aus Gründen der Praktikabilität ausreichen, wenn die anwesenden Mitglieder des Bundestages ihre Meinungen in der Debatte austauschen bzw. ihre Stimmen nach dieser abgeben.
Ich mußte es daher meinen Kollegen aus der FDP-Bundestagsfraktion überlassen, Ihre Ablehnung durch ihr Abstimmungsverhalten deutlich zu machen und statt dessen eine umfassende Reform der Abgeordnetenbezüge zu verlangen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, forderte in seiner Rede vor dem Bundestag eine Grundgesetzänderung, um so eine unabhängige Kommission beim Bundespräsidenten mit der Diätenfestsetzung betrauen zu können. Auch ihre Altersvorsorge sollten die Parlamentarier selbst in die Hand nehmen. Weiter äußerte er sich zutreffend: "Bundestagsabgeordnete sind keine Beamten, sondern freien Berufen wie Journalisten, Ärzten und Rechtsanwälten vergleichbar. Auch diese sorgen selbstverständlich selbst für ihre Altersbezüge." Herrn van Essens Rede sollten Sie demnächst auf seiner Homepage unter http://www.joerg-van-essen.de/Reden/319b49/index.html finden.
Aus den oben genannten Gründen hat die FDP-Bundestagsfraktion am 16.11. 2007 gegen die Erhöhung der Diäten der Bundestagsabgeordneten gestimmt. Diese Haltung teile ich ausdrücklich, wenngleich ich sie leider aus terminlichen Gründen nicht mittels meiner Stimmabgabe deutlich machen konnte.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto