Frage an Hans-Joachim Otto von Daniela D. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Otto,
wenn ich gegenüber vom Frankfurter Hauptbahnhof die Kaiserstraße betrete, werden da am hellichten Tag Drogen verkauft.
Wenn ich die Müncher Straße und andere am Bahnhof gelegene Straßen entlanglaufe, sehe ich zahllose fremdländische Ramschläden deren Waren zum Teil verdreckt in der Fußgängerzone stehen und fremdländische Imbissbuden aus denen orientalische Musik tönt. Ich sehe, vor allem am frühen Morgen oft, Betrunkene die sich dann an den Haltestellen übergeben. Abends stehen die Prostituierten und Zuhälter auf den Straßen rund um die Kaiserstraße.
Ist das die deutsche Kultur, für die Sie sich einsetzen? Ich habe eher das Gefühl, die deutsche Kultur verschwindet und der Werteverfall ist so drastisch, dass es peinlich ist , wenn Touristen aus dem Bahnhof laufen und fragen, ob sie wirklich in Deuschland angekommen oder in den falschen Zug gestiegen sind.
Warum geht man nicht härter gegen diesen Sittenverfall und die Ghettobildung in unseren einstmals so schönen Städten vor? Warum greift man nicht härter durch bei Alkoholikern, Drogendealern und Prostituierten? Warum fördert man nicht die deutschen "Tante Emma " Läden, die wirklich schöner anzusehen waren, als die orientalischen Krämer-Geschäfte wo im Regal Reis neben den Schuhen und die Kloobürste neben neben dem Regenschirm steht.
Es wird in den Medien so oft über Länder, wie zum Beispiel den Iran geschimpft. Aber wie können Poitiker Länder verunglimpfen wegen deren Sitten und Gebräuche, wenn bei uns im Land jegliche Moral, Kultur, Ästhetik und Anstand verloren gegangen sind?
Ich glaube, in Teheran sind die Straßen nachts sicherer als in Frankfurt. Mir wird dort kein Betrunkener vor die Füße kotzen und ich werd sicher auch nicht sexuell belästigt.
Was halten sie von der Bezeichnung Frankfurts als zukünftige "internationale Bürgerstadt." Sollte Frankfurt nicht in erster Linie eine deutsche Stadt bleiben, in der sich auch die Deutschen noch wohlfühlen?
mit freundlichen Grüßen
Daniela Doberstein
Sehr geehrte Frau Doberstein,
zunächst einmal stimme ich Ihnen zu: Drogendelikte und illegale Prostitution haben ebenso wenig wie verdreckte Straßen etwas mit unserer Kultur zu tun. Sie stellen aber in ihrer Anfrage bei verschiedenen Aspekten Zusammenhänge her, die ich so nicht nachvollziehen kann.
So empfinde ich es als irritierend, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Prostitution und Verunreinigung der Straßen parallel zu orientalischen Geschäften als einen „Sittenverfall“ der deutschen Kultur darzustellen. Hier ist Vorsicht geboten. Wir dürfen gerade in der globalisierten Welt, die von einem ständigen Austausch und hoher Mobilität von Menschen unterschiedlichster Kulturen und Nationen geprägt ist, nicht den Fehler begehen und anderen das Gefühl geben, hier nicht willkommen zu sein. Sie vergleichen vermeintlich besonders deutsche Läden mit aus Ihrer Sicht fremdländischen Geschäften und werten dabei letztere ab. Was bedeutet denn in diesem Fall „deutsch“? Der Besitzer des in Ihrer Anfrage beschriebenen Ladens mit orientalischer Musik kann genauso wie Sie einen deutschen Pass besitzen nur mit dem Unterschied, dass er einen anderen Musikgeschmack hat als Sie. Welchem Geschmack die Mitbürgerinnen und Bürger sowohl persönlich aber auch geschäftlich frönen, kann und soll man ihnen nicht vorschreiben. Deutsch zu sein bedeutet nicht, zwangsläufig nur deutsche Musik zu hören.
Natürlich ist es rechtens, die Zustände in manchen Teilen des Bahnhofsviertels zu kritisieren. Hier ist die kommunale Ordnungs- und Sicherheitspolitik gefragt. Das ist aber weder ein spezifisches Problem deutscher noch ausländischer Kultur. Ihren Vergleich mit Teheran kann ich dabei nicht nachvollziehen. Der Preis der (subjektiven) Sicherheit im Iran ist hoch: Verstöße gegen die Menschenrechte, Folter durch die Polizei, Todesstrafe, Unterdrückung von politischer Opposition, etc. Wir sind aber eine offene, tolerante Demokratie und das wollen wir auch bleiben. Die deutsche Kultur ist geprägt von wichtigen Grundwerten: Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte. Dafür lohnt es sich einzutreten und diese Werte sollten die Basis bilden, auf der wir uns und andere sich um Integration bemühen, d. h. für mich, Akzeptanz der Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit der Menschen bei gleichzeitigem Einfordern der hiesigen Grundwerte.
Dieses Verständnis ist insbesondere für den internationalen Finanz- und Dienstleistungsstandort Frankfurt von besonderer Bedeutung. Frankfurt ist deshalb so erfolgreich und bekannt, gerade weil es sich um internationale Fach- und Führungskräfte, ausländische Unternehmen und Investoren bemüht. Diesen Austausch zu fördern und zu vertiefen ist für alle ein Gewinn. Frankfurt steht bei vielen Rankings, sei es Einkommen oder Lebensqualität, auf einem der vorderen Plätze und das nicht nur, aber eben AUCH wegen seiner Toleranz und dem guten Miteinander der verschiedenen kulturellen Interessen. Im Übrigen kann die Stadt einen Großteil ihrer Aufgaben nur deswegen bestreiten, weil sie von ausländischen Firmen, die sich hier niederlassen, Gewerbesteuer einnimmt. Aber auch gesellschaftlich und kulturell bedeutet diese Internationalität für Frankfurt einen wichtigen Standortvorteil. Ich persönlich möchte zum Beispiel weder beim Einkaufen, noch beim Essen oder der Musik- und Kunstauswahl in Frankfurt die Vielfalt des Angebots missen. Frankfurt bleibt dabei immer eine deutsche Stadt mit ihrer eigenen Tradition. Viele Ausländer kommen auch unter anderem wegen dieses guten Miteinanders von interkulturellem Austausch und wichtigen deutschen und hessischen Kulturgütern nach Frankfurt. Denken Sie nur zum Beispiel an Goethe, das Museumsufer, die deutsche Oper und auch den Apfelwein und den Fußball.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto