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Hans-Joachim Otto
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Frage von Thomas M. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Thomas M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Otto,

ich schätze Sie sehr als Politiker und verfolge u.a. auch als FDP Mitglied Ihre persönlichen Weg auf Ihrer HP.
Sie sind Vorsitzender im Ausschuss Kultur u. Medien, zu dessen sich meine Frage an Sie richtet.

Zum Thema:
Es ist bekannt, dass bei uns wahre Zensur-, und Verbotswellen zahlreicher "legaler" Brachen statfinden, (grad im Internet). Der Aufschrei wegen dieser Bevormundung an Bürgern hielt sich immer noch in Grenzen, da grad im Internet im Ausland noch alles erreichbar ist. Vor kurzen aber machte Arcor von sich reden, als man mehrere Webseiten ausländischer (legaler) Anbieter sperren lies und für Arcor Kunden nicht erreichbar waren. Der Aufschrei hierzu war grad bei Arcor Kunden sehr gross und Arcor verlor laut heise.de knapp 700 000 Kunden.

Daraufhin habe ich mich näher mit der Thematik beschäftigt und festgestellt, das seit Jahren nur verboten wird, (grade im Internet).

1. Gestern nun erfuhr ich das man von DE aus nicht auf die US Seite von Google kommt. Klickt man auf www.Google.com wird man auf die de Seite von Google.de umgeleitet, da auf der de- Seite alle Seiten im Suchergebnis entfernt wurde, die denn Behörden nicht passen, (man kann die Umleitung umgehen, aber trotzdem ein Skandal). Es wurden hier mittlerwielen über 8000 legale Seiten entfernt, der der deutsche nicht sehen darf und im Rest der Welt erreichbar sind.

2. Auch im TV wird nur geschnitten. Wenn ich sehe, dass harmlose Filme wie
http://www.schnittberichte.com/schnittbericht.php?ID=4219 geschnitten sind ....
Übrigens: Die ehemals deutsche (siehe Link) www.schnittberichte.com wurde auch verboten.

Nun erfuhr ich weiter, dass zu dem allem die vielerorts sehr kritiserte KJM und jugendschutz.net verantwortlch sind.

Mich würd interessieren aus welcher Grundlage sich diese durch GEZ Gebühren fürstlich bezahlten Behörden solche Verbote grad im deutschen Internet erlauben? (Mit sinnvollen JS hat das nichts zu tun) und ob Sie dies in dieser Form so unterstützen.

Liberale Grüsse

Thomas Müller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Müller, lieber Parteifreund,

vielen Dank für Ihre Frage. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor ungeeigneten oder gar gefährdenden Medieninhalten ist eine wichtige Aufgabe des Staates und deshalb sind Gesetze und entsprechende Maßnahmen grundsätzlich zu begrüßen. Völlig zu Recht sprechen Sie allerdings die zahlreichen Schwierigkeiten an, die dem Agieren im Grenzbereich von Jugendschutz und Bevormundung innewohnen. Zu den von Ihnen angesprochenen Punkten möchte ich folgendes ausführen:

Erstens: Grundlagen sämtlicher staatlicher Maßnahmen zum Jugendschutz sowie Institutionen wie der KJM oder mittelbar "jugendschutz.net" sind das Jugendschutzgesetz (JuSchG) und der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV).

Zweitens: Das Vorgehen von Arcor war der schwierige Versuch eines Zugangsanbieters, illegale Angebote, die mit dem deutschen Jugendschutzrecht nicht vereinbar sind, zu sperren. Daß diese Webseiten im Ausland u.U. legal sind, ist dabei irrelevant. Grundsätzlich sollte man deshalb das Vorgehen von Arcor nicht undifferenziert kritisieren, denn immerhin versuchte man lediglich, etwaigen Haftungsansprüchen zu entgehen und unter Umständen ungeeignete Inhalte Jugendlichen nicht zugänglich zu machen. Die Schuld an der ganzen Misere liegt also auch beim Gesetzgeber, der viele Haftungsfragen im Telemedienbereich noch immer nicht befriedigend gelöst hat sowie natürlich beim Inhalteanbieter selbst, der es versäumt, sein Angebot mit entsprechenden Altersverifikationsmechanismen auszustatten. Daß nun bei dem Versuch der Sperrung auch legale Angebote herausgefiltert wurden, was dann schließlich auch zur Aufhebung der Sperrung durch Arcor führte, zeigt, wie schwierig sich Regulierung im Internet gestaltet.

Drittens: Die Tatsache, daß google.com aus Deutschland nicht zu erreichen, liegt im Verantwortungsbereich des Unternehmens Google selbst. Von Zensur kann daher nicht gesprochen werden. Es steht jedem Nutzer frei, andere Angebote zu nutzen. Problematisch wird es erst, wenn ein Dritter - etwa der Staat oder wie im oben angesprochenen Fall Zugangsanbieter - den Zugang zu bestimmten Angeboten verhindert. Natürlich geht auch hier die Entscheidung des Unternehmens auf nicht ausreichend geklärte Haftungsfragen sowie andere Aspekte des medien- und jugendschutzrechtlichen Rahmens in Deutschland zurück.

Viertens: Auch im Hinblick auf das Ausstrahlen "geschnittener" Filme kann nicht so einfach von Zensur gesprochen werden. Auch die Fernsehsender unterliegen gesetzlichen Vorschriften, die jedoch keine Verbote vor einer Ausstrahlung ermöglichen. Im Nachgang zu einer Ausstrahlung könnte allerdings ein Einschreiten der Medienaufsicht erfolgen, da sich auch das Fernsehen an jugendschutzrechtliche Vorgaben halten muß. Das "Schneiden" von Filmen o.ä. ist daher der Versuch der Produzenten, für die jeweilige Ausstrahlungszeit einen rechtskonformen Inhalt anzubieten. Beachten Sie aber, daß der Inhalt selbst nicht verboten oder gar zensiert wurde. So können Sie sich z.B. jederzeit die mit einer entsprechenden Alterskennzeichnung versehene Original-DVD zulegen. Natürlich existieren auch "geschnittene" Versionen auf DVD, was aber wiederum in der Verantwortlichkeit des Rechteinhabers / Produzenten / Verleihers liegt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, daß "indizierte" Filme grundsätzlich nicht verboten sind, sondern lediglich für nicht-erwachsene Bürger unzugänglich gemacht wurden.

Abschließend: Verstehen Sie mich nicht falsch, ich kann Ihr Unbehagen absolut nachvollziehen und teile es in vielen Bereichen auch. Allerdings macht man es sich zu einfach, wenn sofort von "Zensur- und Verbotswellen" gesprochen wird. Zensur ist in Deutschland nach wie vor unzulässig. Auch der Hinweis, daß im Ausland "Alles" gehe und nur in Deutschland nicht, trifft so nicht zu. Zur Veranschaulichung kann ich Ihnen die bis zur Unverständlichkeit geschnittenen Filme im US-Free-TV empfehlen.

Daß in Deutschland das Jugendschutzrecht an einigen Stellen an der obersten Härtegrenze angekommen ist, sehe ich auch so. Auch teile ich Ihre Meinung, daß häufig über die Strenge geschlagen wird, wie z.B. bei der unsäglichen Debatte über das Verbot von Computerspielen. Vor allem wird häufig vergessen, daß die wichtigsten Akteure des Jugendschutzes die Eltern sind, die nicht aus der Verantwortung über den Medienkonsum ihrer Kinder entlassen werden können.

Ich bitte Sie allerdings, die genannten Punkte bei Ihrer Bewertung der Vorfälle mit einzubeziehen. Ich werde mich dabei weiterhin dafür einsetzen, daß der Gesetzgeber effektive und sinnvolle Kompromisse zwischen der Handlungsfreiheit jedes Bürgers und den berechtigten Interessen an Jugendschutzmaßnahmen findet.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Otto