Frage an Hans-Joachim Otto von Thorsten H. bezüglich Recht
Hallo Herr Otto,
als Jurist haben Sie mit Sicherheit die Debatte zum sogenannten Hackerparagraphen verfolgt. Ich als Informatiker habe dies jedenfalls mit Spannung getan. Mit dem jetzigen Inkrafttreten ist nicht mehr nur das Begehen einer Computersabotage strafbar, sondern bereits die Verbreitung von Programmen, mit denen sich solch eine Sabotage durchführen lässt. Obwohl Frau Zypries zwar immer wieder betont hat, dass bei der Auslegung des neuen Paragrafen Rücksicht genommen wird auf die Bedenken von IT-Sicherheitsexperten, lässt sich zumindest eine gewisse Rechtsunsicherheit in diesem Bereich nicht verneinen. Dies führt nun dazu, dass führende deutsche Experten neu entdeckte Sicherheitslücken nicht mehr auf ihren Webseiten veröffentlichen, bzw. ihre Webseiten ins Ausland verlagern oder ganz aufgeben. Dort befanden sich auch ständig aktualisierte Programme oder Programmteile, die ich für die Absicherung meiner Server benötige. Das Aufzeigen von Problemen durch Hackertools geht mit der Lösung der Probleme durch sogenannte Patches einher. Für mich ist der Wegfall dieser Software eine mittelgroße Katastrophe, denn wenn ich keine Informationen mehr zu Sicherheitslücken erhalte, kann ich sie auch schlecht schließen. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht der einzige mit diesem Problem bin. Bspw. hat der IT-Sicherheitsexperte Ihrer Bank das gleiche Problem.
Wie ist Ihre Meinung hierzu? Hat man da nicht von der Wand bis zur Tapete gedacht oder sehe ich die Genialität des neuen Hackerparagraphen nur noch nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Hirsch
Sehr geehrter Herr Hirsch,
vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich Ihnen hiermit gerne antworte. Mit dem von Ihnen angesprochenen Gesetz habe ich mich übrigens nicht nur als Jurist sondern vor allem in meiner Eigenschaft als Obmann der FDP-Fraktion im Unterausschuß Neue Medien beschäftigt.
Ich kann Ihnen versichern, daß auch ich mit dem Gesetz nicht wirklich zufrieden bin. Vor allem die vehemente Kritik am § 202c StGB ist aus meiner Sicht berechtigt. Ich sehe die Gefahr, daß das Gesetz zu erheblicher Rechtsunsicherheit für alle beteiligten Akteure führen kann.
Auf der anderen Seite erklären die federführenden Mitglieder des Rechtsausschusses des Bundestages unisono, daß die Befürchtungen der Gemeinschaft der IT-Experten nicht zutreffend seien und verweisen vor allem auf die Beschlußempfehlung, in der einige strittige Punkte erläutert werden. Sie finden diese übrigens auf der Homepage des Deutschen Bundestages mit der Drucksachennummer 16/5449.
Ich hoffe sehr, daß diese Erläuterungen tatsächlich für mehr Rechtsklarheit sorgen. Falls das nicht der Fall ist, wird es wohl auf die Klärung und Präzisierung durch Gerichtsurteile hinauslaufen müssen. Ich gebe zu, daß das weder für die Politik noch für Wirtschaft und Gesellschaft zufriedenstellend ist. Erlaubt sei mir allerdings der Hinweis, daß die FDP in den Jahren der Opposition oftmals leider nicht genügend heilenden Einfluß auf Gesetzentwürfe nehmen kann. Ich werde dennoch versuchen, das Thema an geeigneter Stelle nochmals zur Sprache zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto