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Hans-Joachim Otto
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Frage von Barbara T. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Barbara T. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Otto,

ich bin Assistenzärztin für das Rhön-Klinikum und erlebe dort, was die Privatisierung eines Krankenhauses für die Patienten und auch das Krankenhaus-Personal bedeutet. Krasse Rationalisierungen, wodurch das Pflegepersonal für 20- teilweise 40 Patienten zuständig ist, ein Arzt 20-30 Patienten pro Kopf betreut, schwerste Pflegefälle und schwer kranke Patienten darunter. Rhön scheint vor allem der Profit zu interessieren, das wird intern ganz klar gesagt, wir Ärzte sollten "betriebswirtschaftlich denken und uns das soziale Denken abgewöhnen". Weitere Stellenreduktionen stehen an, Landesärztekammer und Gewerbeaufsicht bleiben untätig. Die Weiterbildung zum Facharzt leidet schwer, da vor allem Bürokratie und Stationsarbeit die Ausbildung verunmöglichen. Überstunden dürfen laut Haustarifvertrag nur vom Geschäftsführer angeordnet werden, der dies nie tut, so dass diese offiziell nicht existieren. Die Versorgung der Bevölkerung leidet immens.

Wie können Sie uns als Bundestagsabgeordneter unterstützen? Welche Wege stehen mir als Demokratin offen, damit ich nicht untätig zusehen muß?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

B. Tran

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Tran,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Die Problematik bei Privatisierungen im Gesundheitsbereich, die Sie ansprechen, ist bekannt: Die Balance halten zwischen vormals hoheitlichen Aufgaben wie Forschung und Lehre (an Universitätskliniken) sowie der unabdingbaren Grundversorgung der Bevölkerung auf der einen Seite und Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite. Hieran scheiden sich die Geister.

Die Frage ist hierbei, ob öffentliche, oftmals kommunale, Träger von Krankenhäusern mit ihren bekannten Haushaltsproblemen den Erhalt, Ausbau und die Modernisierung von solchen Einrichtungen besser gewährleisten könnten. Hier bieten die Privatisierungen sicherlich eine Chance für manchen Standort. Eines muß nämlich auch klar sein: Viele öffentliche Einrichtungen im Gesundheitsbereich leiden an chronischer Unterfinanzierung und schlechter Ausstattung zur Unzufriedenheit der Patienten. Natürlich muß aber für jede Einrichtung einzeln genau geprüft werden, ob sie für eine solche Privatisierung geeignet ist, diese sinnvoll erscheint und wie diese vollzogen werden kann. Bei solchen Überlegungen dürfen der Aspekt der Wirtschaftlichkeit und die nötige unternehmerische Flexibilität nicht unberücksichtigt bleiben. Nur so können stellenweise Fortbestand und Neuinvestitionen gesichert werden. Aber Grundversorgung, Patienten- und auch Mitarbeiterzufriedenheit dürfen niemals außer Acht gelassen werden. Auch diese Aspekte sind elementare Bestandteile eines erfolgreichen Klinikbetriebs.

Sie fragen in diesem Zusammenhang nach den Möglichkeiten, die Sie als „Demokratin“ haben, sich dementsprechend zu engagieren. Zunächst einmal regelt die Rhön-Klinikum AG die von Ihnen angesprochenen Aspekte wie Überstunden, Arbeitszeiten, etc. in Haustarifen mit der Gewerkschaft Verdi für jede Klinik einzeln. Die gewerkschaftliche Organisation der Arbeitnehmerinteressen bietet die Chance, Einfluß zu nehmen. So wurde zum Beispiel beim Universitätsklinikum Gießen erreicht, daß bis 2010 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Auch Versetzungen können demnach nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Auch die Institutionen der Personalvertretung in einem solchen Klinikum bieten die Möglichkeit, die Interessen der Mitarbeiter, wie Sie sie formulieren, geltend zu machen. Die Betriebsräte sowie die Arbeitnehmervertreter im paritätisch besetzten Aufsichtsrat sollten hier ein offenes Ohr für Ihre Anliegen haben.

Sie können sich natürlich auch an die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen der Ärzteschaft und an die kommunale Politik wenden, um auf eventuelle Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen und um so auch Einfluß auf die verantwortlichen Institutionen wie Gewerbeaufsicht und Landesärztekammer auszuüben. Daneben habe Sie als Bürgerin die Möglichkeit, sich offiziell an den Petitionsausschuß des Hessischen Landtages oder des Deutschen Bundestages zu wenden, um Ihr Anliegen direkt den Mitgliedern des Parlaments zu übermitteln und um Unterstützung zu bitten, so weit es in den Möglichkeiten des Ausschusses liegt.

Aus meiner Sicht möchte ich Ihnen empfehlen, daß Sie diese Ihnen zur Verfügung stehenden betriebsinternen, gewerkschaftlichen sowie ggf. politischen Möglichkeiten nutzen, um auf eventuelle Mißstände aufmerksam zu machen. Meiner Meinung nach haben Sie z.B. über die gewerkschaftlichen Kanäle auch die Chance, das Unternehmen Rhön Klinikum auf eigene Festlegungen und Unternehmensziele, wie sie aus Eigendarstellungen hervorgehen (u.a. "Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Gesamtbevölkerung auf sehr hohem Qualitätsniveau"), zu verpflichten. Ich bin zuversichtlich, daß so das angesprochene Gleichgewicht zwischen den verschiedenen berechtigten Interessen gewahrt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Otto