Frage an Hans-Joachim Otto von Volker U. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Otto,
der "Wirtschaftswoche" vom 3.12.2012 konnte ich entnehmen, daß man seitens der Regierung bereit ist, die deutschen Reeder mit Beihilfen über 57,8 Mio Euro in ihrer derzeit schwierigen wirtschaftlichen Situation zu unterstützen. Welche Unterstützung plant man für rund 275.000 private Anleger, die sich mit ca. 32 Mrd. Euro an Schifffahrtsgesellschaften beteiligt haben und sich ebenfalls in einer sehr prekären Situation, u.a. bedingt durch ein sehr restriktives Kreditverhalten bestimmter Banken, befinden? Es darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß es durch die Einführung der Tonnagesteuer politischer Wille war, einer breiteren Schicht von Anlegern eine solche Schiffsbeteiligung zur Föderung des maritimen Standortes erst zu ermöglichen. Insofern sollte man sie jetzt nicht im Regen stehen lassen, zumal es sich dabei auch um Wähler handelt. Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Ultes
Sehr geehrter Herr Ultes,
zu Ihrer Frage hinsichtlich der Unterstützung privater Schiffsfondsanleger durch die Bundesregierung (www.abgeordnetenwatch.de vom 4. Dezember 2012) möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die deutschen Schifffahrtsunternehmen werden seit Jahren durch fiskalische und steuerliche Instrumente wie die Tonnagesteuer, den Lohnsteuereinbehalt, Zuschüsse zu den Lohnnebenkosten und die Ausbildungsplatzförderung flankiert.
Zur erfolgreichen Umsetzung des Maritimen Bündnisses hat der Haushaltsauschuss des Deutschen Bundestages im November 2011 die Wiederaufnahme und Verstetigung der direkten Unterstützung von Ausbildung und Beschäftigung durch den Bund auf dem Niveau des Jahres 2010 für erforderlich angesehen. Im Hinblick darauf sind die Finanzbeiträge an die Seeschifffahrt im Jahr 2012 und auch 2013 wieder auf 57,8 Mio. Euro erhöht worden.
Um die Ausbildung und Beschäftigung von Seeleuten unter deutscher Flagge noch stärker und gezielter zu unterstützen, werden auch die deutschen Reeder zukünftig einen Eigenbeitrag in Höhe von mindestens 30 Mio. Euro jährlich erbringen.
Damit hat die Bundesregierung eine Möglichkeit eröffnet, zusammen mit der Wirtschaft neue Perspektiven für den Erhalt und Ausbau des maritimen Fachwissens in Deutschland zu schaffen.
Der Beitritt zu einem Schiffsfonds stellt grundsätzlich eine unternehmerische Beteiligung dar, die mit entsprechenden Chancen, aber auch Risiken verbunden ist. In der Regel gilt: Je höher die mögliche Rendite, desto größer ist auch das Risiko.
Schiffsbeteiligungen waren für die privaten Anleger in der Vergangenheit vor allem deshalb interessant, weil sie hohe Renditen im Wachstumsmarkt Seeverkehr, nahezu steuerfreie Ausschüttungen durch eine pauschale Gewinnermittlung (Tonnagesteuer) und vielfältige steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten (Erbschafts- und Schenkungssteuer) boten.
Nach Schätzungen haben über 250.000 deutsche Anleger insgesamt rund 45 Mrd. Euro in Containerschiffe, Tanker und andere Frachter investiert.
Durch den zuletzt enormen Verfall der Fracht- und Charterraten sowie das Überangebot an Schiffstonnage bei gleichzeitig verringerten Wachstumsraten im Weltseehandel sind viele Schiffsfonds in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Es wird geschätzt, dass trotz der sich andeutenden langsamen Markterholung etwa zwei Drittel der Schiffsfonds die jährlichen Ausschüttungen nicht mehr bezahlen können. Selbst Rückzahlungsverpflichtungen auf bereits erhaltene Ausschüttungen sind nicht ausgeschlossen. Ein weiteres Problem bleibt die in vielen Schiffsfonds ungelöste Kreditfrage. Die derzeitigen Fracht- und Charterraten reichen vielfach nicht aus, um die auflaufenden Kreditraten bedienen zu können.
Die überwiegende Zahl der schiffsfinanzierenden Banken hat sich dafür ausgesprochen, an ihren Krediten festzuhalten und Zwangsverkäufe von Schiffen weitgehend vermeiden zu wollen. Die Anleger allerdings müssen im Gegenzug damit rechnen, stärker in die Sanierung der betreffenden Fonds eingebunden zu werden.
Sollten Anleger von ihrem Anlageberater oder von ihrer Bank nicht umfassend über die Risiken einer Beteiligung an einem Schiffsfonds aufgeklärt worden sein, so bestehen möglicherweise Schadensersatzansprüche. Anleger können ggf. auch gegen die Initiatoren der Fonds und gegen den Vertrieb Schadensersatzansprüche geltend machen.
Mit Blick auf den Bereich der Schiffsfinanzierung hat die Bundesregierung keine spezifischen Maßnahmen vorgesehen. Staatliche Finanzierungsprogramme sind zur Überwindung von zyklischen und strukturellen Problemen in der Schifffahrt keine geeignete Lösung und verzögern notwendige Strukturanpassungen. In der gegenwärtigen Lage kommt es darauf an, dass Eigenkapitalgeber, Reeder und Banken gemeinsame Lösungen und neue tragfähige Finanzierungskonzepte zur Überbrückung der schwierigen Marktlage finden.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto