Frage an Hans-Joachim Otto von Paul-Gerhard L. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Otto,
Sie sind als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium für den Schiffahrtsstandort Deutschland verantwortlich.
Sie werden auch erfahren haben, dass viele deutsche Schiffsfonds bereits insolvent geworden sind und die Schiffe zwangsversteigert wurden, da die Banken nicht mehr bereit waren, die Finanzierung aufrecht zu erhalten.
Die Käufer dieser Schiffe - es wurde von "griechischen Reedereien" berichtet - erhalten dann jedoch wieder Kredit von diesen unseren Banken. Das ist ein Skandal!
Ebenfalls ein Skandal ist die Bevorzugung und Unterstützung von Groß-Reedereien - wie Maersk und andere - nicht nur durch die EU ,sondern auch durch Deutschland.
Gerade diese Großreedereien haben jahrelang Schiffe mit Dumpingpreisen fahren lassen - damit den Wettbewerb ausgehebelt -und nun bildet sich ein Oligopol im Markt, was jeder demokratischen Grundordnung widerspricht: Wo blieben die Kontrollen der Kartellämter ? Weder national noch auf EU-Ebene ist hier gegengesteuert worden.
Die soziale Marktwirtschaft ist ad absurdum geführt worden.
Es wäre jetzt in letzter Konsequenz um den totalen Bankrott der deutschen Schiffahrt zu verhindern nur noch die Möglichkeit, die KfW einzuschalten für die nicht mehr zur Finanzierung der deutschen Schiffe bereiten deutschen Banken.
Ich appelliere an Ihren Sachverstand, hier dringlichst tätig zu werden und die größte Vermögensvernichtung deutscher Kapitalanleger und der gesamten deutschen Schiffahrt zu verhindern.
Als Ihr Unterstützer und FDP Mitglied seit über 40 Jahren !!! erwarte ich eine baldige Rückäußerung.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Paul-Gerhard Lemcke
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Lemcke,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie sich zur Situation der deutschen Schifffahrt äußern. Die Schifffahrt befindet sich nun bereits im fünften Krisenjahr. Dies hat, wie Sie auch schreiben, zur Insolvenz von zahlreichen Schiffsfonds geführt. Zudem kann eine große Zahl von Schiffen keine zur Deckung aller Kosten ausreichende Charterraten erzielen, so dass Kredite nicht oder nicht vollständig bedient werden können. Auch für die schiffsfinanzierenden Banken, die teilweise ein sehr hohes Schiffsportfolio aufweisen, ergeben sich aus dieser Situation große Herausforderungen. Bislang haben die Banken zusammen mit den Reedern und Eigenkapitalgebern in vielen Einzelfällen Lösungen finden können, denn grundsätzlich haben alle Beteiligten ein Interesse daran, Insolvenzen zu vermeiden. Es wird aber weiterhin Insolvenzen geben, denn eine sehr schnelle Erholung der Märkte wird derzeit nicht erwartet.
Im Rahmen meiner Funktion als Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft habe ich in den vergangenen Jahren zu mehreren hochrangigen Gesprächsrunden eingeladen, in denen Handlungsoptionen zur Überwindung der Finanzierungskrise in der deutschen Schifffahrt diskutiert wurden. Hierbei hatten die Reeder die Bundesregierung gebeten, die Branche mit KfW-Finanzierungsprogrammen zu unterstützen. Die Bundesregierung ist jedoch der Auffassung, dass staatliche Finanzierungsprogramme und eine Übernahme von hohen Risiken zu Lasten des Staates zur Überwindung von zyklischen und strukturellen Problemen von Unternehmen keine geeignete Lösung sind, sondern nur notwendige strukturelle Anpassungsprozesse verzögern. Diese Position trifft insgesamt auf eine breite Akzeptanz, auch wenn dies für die unmittelbar Betroffenen – hierzu gehören auch die zahlreichen Anleger in Schiffsfonds – schwierig ist.
Wichtig ist, dass die Schifffahrtsbranche – hier gibt es zahlreiche Aktivitäten und auch Fortschritte – nun strukturelle Anpassungen weiter zielstrebig voranbringt. Dies ist auch eine Voraussetzung, um neue Kapitalquellen erschließen zu können.
Die Bundesregierung hat zuletzt auf der 8. Nationalen Maritimen Konferenz erneut ihre politische Unterstützung der Schifffahrtsbranche bekräftigt. Dies wird auch sichtbar zum Beispiel durch die im Rahmen des maritimen Bündnisses auf über 57 Mio. Euro erhöhte Förderung von Beschäftigung und Ausbildung in der Schifffahrt. Durch Eigenbeiträge der Reeder steigt diese Summe noch deutlich. Darüber hinaus wird die Branche durch die Tonnagesteuer und den so genannten Lohnsteuereinbehalt erheblich unterstützt.
Insgesamt bin ich daher zuversichtlich, dass durch zielstrebiges Handeln aller Beteiligten der Schifffahrtsstandort Deutschland auch in Zukunft erfolgreich sein wird.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto