Frage an Hans-Joachim Otto von Frank B. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Otto,
als Nutzer eines digitalen Kabelanschlusses empfinde ich die Reglementierungen der Kabelbetreiber (Kabel Deutschland, Kabel BW usw.) seit Jahren als Zumutung. Man schreibt uns spezielle Geräte vor, verschlüsselt TV, das über die analoges Kabelfernsehen und über Satellit unverschlüsselt empfangen werden kann und verhindert durch den Einsatz spezieller und wechselnder Verschlüsselungstechnologien gezielt die Aufzeichnung und Archivierung von im Fernsehen gezeigten Sendungen. Kurz gesagt: es existiert de facto ein Monopol und kein freier Markt, weder bei den Anbietern noch bei den Endgeräten.
In Mietwohnungen wie meiner ist zudem der Wechsel hin zu anderen Quellen nicht möglich - Satellitenschüsseln dürfen nicht montiert werden, der Empfang von terrestrischem Digitalen Fernsehen ist kein Ersatz, da dort die Bildqualität des Signals deutlich schlechter ist als über Kabel. HD-Fernsehen wird terrestrisch nicht übertragen. Auch hier ist ein freier Markt de facto nicht vorgesehen.
Nun lese ich heute, dass Kabel Deutschland seine Kunden durch gezielte Maßnahmen de facto auf die verbraucherunfreundlichen CI+-Technologie festlegen will, bei der die TV-Anbieter die Möglichkeit haben, Aufzeichnungen und das Vorspulen in Fernsehsendungen komplett zu unterbinden - etwas, das wir seit Einführung des Videorecorders in den 1970er Jahren überwunden glaubten. Hinzu kommt, dass die von Kabel Deutschland präferierten Set-Top-Boxen nicht einmal den Empfang von Pay-TV erlauben (Sky Deutschland). Dafür braucht man eine zweite Set-Top-Box.
Meine Frage an Sie: Ist es nicht an der Zeit, im Sinne der Verbraucher einzugreifen und den Kabelgesellschaften vorzuschreiben, einen offenen Markt zu etablieren, wie er beim Satellitenempfang seit Jahren besteht? Dazu gehört meines Erachtens zuallererst die Abschaltung der Grundverschlüsselung bei ansonsten frei empfangbaren Sendern.
Können sie sich hierfür einsetzen?
Beste Grüße
Frank Brennecke
Sehr geehrter Herr Brennecke,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Förderung von Wettbewerb und offenen Märkten ist in der Tat ein Anliegen der Bundesregierung und der Wirtschaftspolitik im allgemeinen, aber auch von mir persönlich.
Grundsätzlich existiert mit dem Bundeskartellamt eine unabhängige und erfahrene Behörde, die in diesem Sinne tätig war und ist. Sie schreitet gegen Marktmissbrauch und andere Wettbewerbsbeschränkungen ein - immer wieder auch im Bereich der Rundfunkübertragung.
Zustimmend kann ich Ihr Anliegen dahingehend aufgreifen, dass der Empfang öffentlich-rechtlicher Rundfunkprogramme für jeden Bürger gewährleistet sein muss, da dieser durch die Rundfunkgebühren "zwangs-"finanziert wird. Daher besteht auch ein Anspruch auf freien und problemlosen Empfang.
Bei privaten Angeboten bin ich allerdings etwas anderer Meinung. Die Tatsache, dass das sogenannte "Free-TV" bis dato größtenteils unverschlüsselt und kostenfrei übertragen wurde, heißt noch nicht, dass es auch für alle Zeiten so bleiben muss. Im Grundsatz handelt es sich um private Angebote, die Kunden wahrnehmen - also konsumieren oder kaufen - können. Sie haben aber auch die freie Entscheidung, dies nicht zu tun. Das gilt umsomehr, da in der Vergangenheit neben den von Ihnen genannten weitere Übertragungswege entstanden sind - etwa das Internet. Die Wahlalternativen nehmen also zu, auch wenn Ihnen die Nutzung einer Satellitenschüssel nicht möglich sein sollte.
Der Anbieter eines Produktes - hier die Rundfunkveranstalter sowie die Anbieter der Übertragungstechnik - sollen in meinen Augen selbst entscheiden, wie sie ihr Produkt vermarkten. Diese müssen selbst wissen, ob Sie z.B. die im Rahmen einer Grundverschlüsselung zu erwartenden Reichweiteverluste in Kauf nehmen wollen, um andere Geschäftsmodelle aufzubauen.
Selbstverständlich darf es bei all diesen Maßnahmen zu keinem missbräuchlichem Verhalten kommen - etwa Absprachen zwischen Anbietern zu Lasten des Wettbewerbs. Schnittstellen wie Decoder müssen grundsätzlich offen und für Marktteilnehmer und Konsumenten erreichbar sein (allerdings nicht zwingend "gratis"!). Das Bundeskartellamt ist in diesem Sinne bereits mehrfach tätig geworden.
Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Rundfunk in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Für die medienspezifische Aufsicht sind die Landesmedienanstalten zuständig. Falls Sie mit dem Verhalten verschiedener Anbieter von Medienprodukten nicht einverstanden sind, könnten Sie sich also auch an diese richten.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Otto