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Hans-Joachim Otto
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Frage von Jens M. •

Frage an Hans-Joachim Otto von Jens M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Otto,

in der B.Z. haben Sie den Rückzug Deutschlands aus dem Eurovision Song Contest gefordert, weil die Veranstaltung „unerheblich und entbehrlich” sei. Weiters sagten Sie:

„Ich habe den Grand Prix mittlerweile aus meinem privaten Kalender gestrichen.”

Gibt es nicht viele "unerhebliche und entbehrliche" Veranstaltungen, zumal solche, die im Fernsehen übertragen werden?

Was macht den Eurovision Song Contest unerheblicher und entbehrlicher als beispielsweise die Fußballweltmeisterschaft, an der "Deutschland" (also der DFB) ja auch weiter teilnimmt?

Und welche Relevanz hat es, daß Sie den Grand Prix "mittlerweile aus [Ihrem] privaten Kalender gestrichen" haben? Zum Glück zwingt niemand irgendjemanden, irgendeine Fernsehsendung anzuschauen.

Zuletzt aber noch die wichtigste Frage: Gestern abend lief in der ARD ein Wahlwerbespot der FDP. Darin heißt es u.a.: "„Liberale Politik hat (…) die gemeinsame Leistung …der deutschen Einheit geprägt… und die Jahrhundertleistung Europa …entscheidend mitgestaltet.”

Die Worte "und die Jahrhundertleistung Europa" sind dabei mit Bildern des Eurovision Song Contest 2001 in Kopenhagen unterlegt. Finden Sie es nicht etwas befremdlich, zur Illustration einer "Jahrhundertleistung" eine "unerhebliche und entbehrliche" zu verwenden?

Mit freundlichen Grüßen

Jens Müller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage vom 19.05.09 zum "Eurovision Song Contest".

Im Grunde genommen teile ich Ihre Meinung: die Idee eines europäischen Gesangswettbewerbs trägt zur europäischen Integration und zum kulturellen Miteinander bei. Somit ist es auch prinzipiell zu begrüßen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der übrigens ohnehin gesetzlich dazu verpflichtet ist, an so prominenter Stelle damit auseinandersetzen will.

Es ärgert mich allerdings, dass in den letzten Jahren scheinbar der Klamauk immer weiter in den Vordergrund gerückt ist, und nicht etwa Berichte über die kulturellen Hintergründe der Beiträge oder die Künstler selbst. Natürlich bewegt sich die Politik an dieser Stelle auf einem schmalen Grat. Denn die Staatsferne des Rundfunks verbietet eine Einmischung der Politik in die Programmplanung der Anstalten. Andererseits ist es notwendig, dass gerade aus der Medienpolitik heraus auch Kritik insbesondere an den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angebracht wird. Schließlich werden diese vom Gebührenzahler mit jährlich acht Milliarden Euro finanziert. Das öffentliche Interesse an einem sorgsamen Umgang mit diesen Milliarden ist ebenso groß wie berechtigt.

Daher ist es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk eben auch von Relevanz, ob Beiträge "unerheblich" und "entbehrlich" sind. Hier gilt gerade nicht das Motto "wer es nicht mag, kann ja wegschalten". Der Gebührenzahler hat ein Recht auf wichtige, relevante, bedeutsame Programme.

Der Rundfunkstaatsvertrag formuliert den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie folgt (§ 11 Absatz 2 RStV): "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in seinen Angeboten und Programmen einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Er soll hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Sein Programm hat der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten."

Dieser - im Übrigen zu weit gefasste und dringend zu präzisierende - Auftrag umfasst aus meiner Sicht keine teuren Klamauk-Shows. Ich bezweifle, dass der auftragsgemäße Nutzen des "Eurovision Song Contest" in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten steht. Das kritisiere ich - auch öffentlich. Dass ich auch persönlich von dem Format mittlerweile enttäuscht bin, stellt in diesem Zusammenhang lediglich eine Meinungsäußerung dar.

Übrigens habe ich mit keinem Wort behauptet, der "Eurovision Song Contest" sei entbehrlicher als z.B. die Fußball-Weltmeisterschaft. Vielmehr glaube ich, dass ARD und ZDF zu viel Geld für Sportrechte ausgeben, die sie lieber in Informations-, Bildungs- und vor allem Kultursendungen investieren sollten. Immerhin heißt es im angesprochenen RStV: "Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten." Außerdem gehören solche Sendungen stärker in die Hauptprogramme, sie dürfen nicht die Spartenprogramme abgeschoben werden.

Abschließend lässt sich festhalten, dass an das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besonders hohe Maßstäbe gesetzt werden müssen, nicht zuletzt auf Grund der Finanzierung durch die Gebührenzahler. Meine Kritik am diesjährigen "Eurovision Song Contest" erhalte ich aufrecht, wenngleich Sie diese natürlich nicht teilen müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Otto