Frage an Hans-Joachim Fuchtel von Volker R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Was genau verstehen Sie unter dem derzeit vieldiskutierten Begriff „Online-Durchsuchung"?
Befürworten Sie diese Maßnahme oder lehnen Sie diese ab?
Danke für die Antwort
Sehr geehrter Herr Rose,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 10.08.2007 zum Thema "Online-Durchsuchungen".
Bei der Online-Durchsuchung handelt es sich um eine Maßnahme, bei der der Rechner einer Zielperson ohne deren Wissen am Standort des Rechners mit technischen Mitteln auf (ermittlingsverfahrens- oder gefahrenabwehr-)relevante Daten durchsucht wird.
Der BGH hat am 5. Februar 2007 entschieden, dass eine solche Ermittlungsmaßnahme nicht auf eine Rechtsgrundlage in der StPO gestützt werden kann.
Daher muss nun eine Rechtsgrundlage in der Strafprozessordnung geschaffen werden. Die Ermittlungsbehörden müssen in die Lage versetzt werden, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und dieses neue technische Verfahren einsetzen zu können.
Niemand fordert die Einführung einer flächendeckenden Überwachung des Internets im Sinne einer Rasterfahndung. Es geht lediglich darum, ein weiteres Instrument zu schaffen, mit dem man - wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind - zusätzliche Erkenntnisse über einen Verdächtigen gewinnen kann, der bereits durch die Sicherheitsbehörden überwacht wird.
Wie auch BKA-Präsident Ziercke in mehreren Interviews klar gestellt hat, ist die Online-Durchsuchung als ein polizeiliches Werkzeug gedacht, das nur in Einzelfällen bei einem konkreten Tatverdacht gegen mutmaßliche Terroristen und Schwerstkriminelle zum Einsatz kommen soll. Allein der große Aufwand, mit dem die Ermittlungsbehörden im Rahmen einer vorbereitenden Umfeldanalyse nach Möglichkeiten suchen müssten, um an den Verdächtigen heranzukommen, werde danach dafür sorgen, dass die Online-Durchsuchung nur in Einzelfällen zum Einsatz kommen könne. Darüber hinaus werde immer ein Richter eine solche Maßnahme genehmigen müssen. Die Hürden für einen Eingriff des Staates in die durch die Verfassung geschützte Privatsphäre des Einzelnen würden also wirklich hoch gelegt. Die Frage der Speicherkapazitäten und des Datenschutzes wird sich also in dieser Form nicht stellen.
Aufgrund der unbestrittenen und weiter wachsenden Bedrohung durch das Internet als Medium zur Vorbereitung und Koordination terroristischer Aktivitäten befürworte ich die Einführung einer Möglichkeit der Online-Durchsuchung im skizzierten Rahmen. Natürlich kann niemand gewährleisten, dass technisch versierte Verdächtige einen Weg finden, sich dem Zugriff durch die Ermittlungsbehörden zu entziehen. Es wird immer einen Wettlauf zwischen Verschlüsselungs- und Entschlüsselungstechnologien geben, der durch die Verfügbarkeit von Ressourcen entschieden wird. Nach meiner Auffassung ist die Ausgangssituation des Staates als Akteur dabei aber gar nicht so hoffnungslos, wie es zunächst erscheinen mag.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es den Bürgerinnen und Bürgern schulden, alle verfassungsrechtlich vertretbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um verheerende Terroranschläge in unserem Land zu verhindern. Vor diesem Hintergrund empfinde ich auch die diskutierten Pläne zur Einführung der Online-Durchsuchung als gerechtfertigt.
Es geht in der Diskussion nun zum Einen darum, sich auf eine mögliche Ausgestaltung der technischen Umsetzung zu einigen und zum Anderen die Funktionsfähigkeit zuverlässiger Kontrollmechanismen für eine Anordnung dieser Maßnahme - etwa die Genehmigung durch einen Richter, die Überwachung durch die Staatsanwaltschaft und die Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte - sicherzustellen.
Aufgrund der Ihnen dargelegten Gründe befürworte ich die Online-Durchsuchung.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Fuchtel