Frage an Hans-Christian Ströbele von Jürgen W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Ströbele!
Die IHK vertritt in Namen ihrer Zwangsmitglieder Ansichten, welche gegen meine tatsächlichen Ansichten sind. Dies verletzt mein Recht auf Meinungsfreiheit. Mitglieder sollten das Recht zu entscheiden haben, was als Meinung“ zum Ausdruck gebracht wird und durch wen dies geschieht. Eine Zwangsmitgliedschaft und Beitragsforderung sind doch verfassungswidrig, da sie sowohl gegen die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) als auch gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verstoßen. Mit der im Artikel 9 GG festgelegten Vereinigungsfreiheit folgt zugleich ein Fernbleiberecht einher. Das Recht, Vereine zur Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden, schließt doch auch die Möglichkeit ein, sich solchen Vereinigungen nicht anzuschließen. Wenn eine staatlich angeordnete öffentlich-rechtliche Körperschaft die Interessen der Zwangsmitglieder gegen den Staat vertreten soll, die selbst diese Organisation angeordnet hat und dessen Existenz nur durch das Wohlwollen des Staates möglich ist, ist in einem demokratisch geführten Land grotesk und widersinnig, zudem die Organisation nicht nach demokratischen Prinzipien geführt wird. Entsteht so nicht ein Abhängigkeitsverhältnis dem Staat gegenüber, das eine effektive Interessenvertretung unmöglich macht? Wenn dann gleichzeitig mit hohen „Mitgliedsbeiträgen“ die Wirtschaftkraft der Zwangsmitglieder dermaßen geschwächt wird, daß diese außer Stande sind, wirksame Interessenvertretungen zu gründen, hat die IHK sich endgültig und rechtswidrig gegen Interessen der Wirtschaft gestellt. Eine Erhebung der Zwangsbeiträge kann nicht mit Gleichbehandlung aller IHK-Zugehörigen begründet werden. Die IHK-Zwangsmitglieder werden bei der Festsetzung der Zwangsbeiträge unterschiedlich behandelt. So werden viele Zwangsmitglieder völlig aus der Beitragspflicht befreit, andere wiederum mit hohen Forderungen konfrontiert.
Warum gibt es IHK´en nur in der BRD und solidarisch nicht in der EU? Wettbewerbsverzerrung?
MfG J.Weißbinder
Sehr geehreter Herr Weißbinder.
Sogenannte Zwangsmitgliedschaften mit obligatorischen Beiträgen gibt es in Deutschland in einigen Bereichen. Zum Beispiel für Rechtsanwälte in den Rechtsanwaltskammern oder für Studenten in der verfaßten Studentenschaft. Die IHK ist also kein Einzelfall. Solche Zwangsmitgliedschaften sind wohl aus einer speziellen deutschen Tradition entstanden, die in ständischen Strukturen der Gesellschaft ihren Ursprung haben könnte. Jedenfalls gilt das für die Handwerkskammern. Trotzdem es richtig, darüber nachzudenken, ob sie noch zeitgemäß, sinnvoll und notwendig ist.
Und danach sind bei der IHK Zweifel berechtigt. Wenn die IHK Ansichten vertritt, die Sie nicht teilen, kommt es darauf an, ob sie dies öffentlich tut und ob sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs bleibt. Für politische öffentliche Äußerungen etwa von Asten, also den gewählten Vertretern der verfaßten Studentenschaft, gibt es eine Rechtsprechung, ob diese dazu berechtigt sind. Einige Gerichte vertreten die Meinung, daß einzelne Studenten solche Äußerungen gerichtlich untersagen lassen können, wenn sie allgemeinpolitisch sind und nicht den engen Bereich der Vertretung der Interessen der Studenten an einer Universität bereffen. Ähnliches könnte für die IHK gelten, wenn sie sich öffentlich zu allgemeinpolitischen Fragen äußert und nicht auf Äußerungen beschränkt, die innerhalb ihrer fachspezifischen Interessenvertretung liegt.
Sie teilen nicht mit, auf welche Ansichten sich Ihre Kritik bezieht.
Die Festsetzung der Beiträge darf nicht willkürlich unterschiedlich für einzelne Mitglieder sein. Dagegen könnten Sie notflls gerichtlch vorgehen. Auch hierzu schreiben Sie nichts Konkretes. Deshalb kann ich zu konkrten Fällen keine Stellung nehmen. Ob solche deutschen Besonderheiten in der EU Bestand haben, bleibt abzuwarten. Es kann durchaus sein, daß diese mit Gemeinschaftsrecht kollodieren und verändert oder abgeschafft werden müssen.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele