Frage an Hans-Christian Ströbele von Peter J. Dr S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
ich verliere langsam das Vertrauen an den Rechtsstaat und die Deutsche Demokratie. Bitte erklären Sie mir, durch welches bestehendes Gesetz wird ein sogenannter "Deal" gedeckt. Ich nenne hier nur den Fall Hartz, Ackermann und wahrscheinlich heute Zumwinkel?
Von einer Demokratie wird Gewaltenteilung gefordert, aber in der BRD ist die Staatsanwaltschaft an die Weisungen der Länderjustizministerien gebunden. Wo ist da Unabhängigkeit? (Man denke nur an das Desaster bei der Staatsanwaltschaft Bochum).
Die Liste liesse sich beliebig verlängern.
Dann hat das Verfassungsgericht festgestellt, das der bestehende Bundestag eigentlich illegal ist (Problem Überhangmandate), aber gibt nach Angaben von Frau Zypries Bestandsschutz für die Abgeordneten und noch über die nächste Bundestagswahl hinaus.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, es gibt im Allgemeinen kein demokratisches Wahlverfahren existiert. Das ist bitter, aber leider wahr (siehe Arrow-paradox z.B auf Expedia), was mein Kollege J.K. Arrow bewiesen hat und auch einen Nobelpreis erhalten hat. Ja was nun? Ich habe keine Antwort, vielleicht Sie?
Mir hat man versprochen, das meine Studienjahre (4 Jahre) auf meine Rente angerechnet werden, aber nichts da, Bestandsschutz nicht doch. Lieber einen guten Vorstandsposten für den CSU Kollegen Wiesheu, der hat nur einen Menschen unter Alkoholeinfluss (1,75 Promille) totgefahren, jeder Vorbestrafte kriegt niemals einen Job bei der DB. Aber bei Herrn Wiesheu da macht man mal eine Ausnahme. Es kotzt mich an, wie im öffentlichen Bereich, den ich trotz Tätigkeit in den NL mitfinanzieren muss, Posten verschoben werden und Ungerechtigkeit waltet.
Ich würde mich über eine Antwort freuen,
Mit bestem Dank
Dr. Peter J. Stauvermann
Sehr geehrter Herr Dr. Stauvermann.
Gewaltenteilung bedeutet, daß die Gerichte unabhängig entscheiden. Dies ist in Deutschland gegeben.
Der Staatsanwalt trifft auch selbständig die Entscheidungen über den Fortgang des Ermittlungsverfahrens und der Anklageerhebung. Allerdings ist er auch Teil der Behörde Staatsanwaltschaft und damit unterliegt er der Weisungsbefugnis seiner Vorgesetzten. Die Grenzen des Weisungsrechts der Minister für den Einzelfall sind umstritten.
Der deal im Strafverfahren ist überhapt nichts Neues. Er wird seit Jahrzehnten fast täglich in nahezu allen Strafgerichten praktiziert. Ohne diese Praxis könnten die meisten Gerichte die Prozeßflut noch weniger bewältigen. Dagegen wurde nur selten Protest laut. Auch der Bundesgerichtshof hat diese Praxis weitgehend anerkannt und akzeptiert. Zuweilen hat er Grenzen aufgezeigt und er hat sehr konkrete Regeln aufgestellt, was zulässig sein soll und was nicht. Bei der derzeitigen Diskussion geht es darum, ob ein Teil von Regeln für den deal auch ins Gesetz geschrieben werden soll.
Das bedeutet nicht, daß das Ergebnis einzelner deals als ungerecht empfunden wird und vielleicht auch ungerecht ist. Das ist bei Urteilen aber grundsätzlich auch nicht anders. Allerdings sollte man mit Bewertungen zurückhaltend sein, solange man nicht alle Einzelheiten eines Falles zum Sachverhalt und zur Schuld des Verurteilten kennt. Das weiß ich aus jahrzehntelanger Erfahrung als Strafverteidiger.
Richtig ist, das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß Teile des geltenden Wahlgesetzes verfassungswidrig sind. Deshalb fordert die bündnisgrüne Bundestagsfraktion die notwendigen Gesetzesänderungen noch in diesem Jahr vor der Bundestagswahl. Die Änderungen sind nicht schwierig. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil Alternativen erwogen.
Allerdings ist auch richtig, daß nicht die Bundesjustizministerin, sondern das Bundesverfassungsgericht selbst in seiner Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit auch entschieden hat, daß der Bundestag für die Gesetzesänderung bis zur übernächsten Wahl Zeit hat und die nächste Wahl noch nach altem Recht stattfinden darf. Aber damit ist selbstverständlich nicht verboten, daß der Mangel vorher beseitigt wird.
Die Grünen werden zeitnah einen fertigen Gesetzentwurf vorlegen. Ich habe gleich nach der Gerichtsentscheidung öffentlich geäußert, es könne nicht sein, daß der Bundestag bei der nächsten Wahl sehenden Auges nach einem verfassungswidrigen Gesetz gewählt wird.
Im übrigen sehe ich unser Wahlrecht grundsätzlich als demokratisch an.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele