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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Philip J. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Philip J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich bin vor kurzem über das Heiseforum auf ein intressantes Essay gestoßen das sich mit der Souveränität Deutschlands befasst. Dieses ist zum Teil sehr intressant, viele oder gar alle Fragen dazu, würden hier allerdings den Rahmen erheblich sprengen. Folgendes hätte ich von Ihnen trotzdem gern beantwortet

1. Wieso enthällt das heutige Grundgesetz den Art. 120 (Besatzungskosten und Kriegsfolgelasten) ?
2. Fallen die Truppenverbände der USA u.a, die heutzutage noch in Deutschland stationiert sind unter diesen Artikel, falls nein, unter welchen dann ?
3. Welche Kosten fallen jährlich auf Grund diesen Truppen/Art. 120 für Deutschland an ?

Mfg

Philip Jaschewski

http://www.rsv.daten-web.de/Germanien/IDR_-_DIE_JAHRHUNDERTLUEGE_-_V4.pdf (111 Seiten, PDF)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Jaschewski.

Artikel 120 des Grundgesetzes enthält lediglich die Finanzlastzuweisung an den Bund für Kriegsfolgekosten. Die Zahlung dieser Kosten obliegt dem Bundund nicht den Ländern. Ich vermute, daß der Artikel so im Grundgesetz stehen blieb, weil noch alte Zahlungsverpflichungen abzuwickeln waren. Mit dieser Vorschrift im Grundgesetz wurde kein Anspruch der Alliierten auf Kostenübernahme geschaffen.

Schon aus diesem Grunde können Stationierungskosten durch die US-Streitkräfte auf Grund dieser Regelung des Artikel 120 auch heute nicht geltend gemacht werden
Die heutige Stationierung der US-Streitkräfte beruht aus neuen Vereinbarungen.
Es handelt sich nicht um Besatzungstruppen und folglich können Kosten auch deswegen nicht als Besatzungskosten geltend gemacht werden.

Ob gleichwohl Zahlungen an die USA für die Statiponierung oder in diesem Zusammenhang von Deutschland erfolgen, weiß ich nicht. Rechtsgrundlage solcher Zahlungen könnten nur die vertraglichen Vereinbarungen USA/Deutschland sein. Deshalb kann ich über die Höhe etwaiger Zahlungen auch nichts sagen. Ich werde mich kundig machen.

Die von Ihnen und einigen anderen Fragestellern angeführte Veröffentlichung "Die Jahrhundertlüge habe ich durchgesehen. Meine Stellungnahme dazu an den Fragesteller Korn füge ich nachfolgend an:

Zur "Jahrhundertlüge" gäbe es viel zu schreiben, wozu mir aber die Zeit fehlt. Ich sehe auch nicht, warum ich mich damit beschäftigen soll, daß der Adler als Wappentier Deutschlands mal so mal anders mit mehr oder weniger vielen Federn dargestellt wird oder warum die deutschen Pässe rot und nicht blau sind. Für die EU-Pässe wurde nun mal die Farbe rot gewählt nicht nur für Deutschland.

In dem Text des Autors wird vieles vermischt und zusammengebracht, was nicht zusammengehört. Neben zum Teil berechtigter Kritik etwa an der verfassungsrechtlichen Konstruktion der Wiedervereinigung oder an der Abwickelung der DDR-Wirtschaft sowie an politischen Entwicklungen mit massiven Grundrechtseinschränkungen der letzten Zeit enthält der Text zum Teil schwer Erträgliches wie schlecht versteckte revanchistische Forderungen bezüglich der ehemals deutschen Gebiete im Osten, also im heutigen Polen und anderer Ländern, und wenn auch unausgesprochen und nicht ausdrücklich, wird eine Infragestellung der deutschen Verbrechen während der Nazizeit nahegelegt.

Viele Behauptungen wie die, die Bundesrepublik sei aufgelöst und das Reich bestehe fort, halte ich für falsch. Die Schlußfolgerungen, daß die Urteile deutscher Gerichte unwirksam sind, sind unzutreffend. Und die These, daß die alliierten Besatzungsrechte trotz der eindeutigen Formulierungen der Verträge aus dem Jahr 1990 fortgelten, ist nicht haltbar, wenn auch manche Erkenntnisse als Mitglied im Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zu Aktivitäten der US-Geheimdienste in Deutschland und dem Verhalten oder besser Nichtverhalten der Bundesregierung dazu im Krieg gegen den Terrorismus durchaus diesen Anschein erwecken könnten.

Nein, Berlin ist Hauptstadt Deutschlands anders als vor 1990. Das ist unübersehbar.
Der Staat Bundesrepublik Deutschland existiert und zwar ganz kräftig. Da bringt es jetzt wenig zu beklagen, daß eine Volksabstimmung bei der Gründung 1949 und bei Vereinigung mit der DDR durch Beitritt der Ostbundesländer 1990 nicht durchgeführt wurde und manche andere verfassungsrechtlichen Ungereimtheit festgestellt werden kann. Die Hoffnung, daß sich die Bundesrepublik Deutschland doch noch mal eine Verfassung gibt, über die die Bevölkerung abstimmt, ist auch kleiner geworden, da die europäische Entwicklung Vorrang hat.

Es gilt jetzt, die besonderen Errungenschaften des Grundgesetzes wie die Sozialpflichtigkeit des Eigentumsrechts, die Grundrechte und die Notwendigkeit der Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Entsendung von Bundeswehr ins Ausland zu erhalten und zu bewahren, anstatt verpaßten Chancen bei der Staatswerdung nachzutrauern.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele