Frage an Hans-Christian Ströbele von Malte H. bezüglich Recht
Hallo Herr Ströbele,
drei Punkte die mir seit langem am Herzen liegen:
[b]1. Sicherheit in den BVG Beförderungsmitteln.[/b]
Warum trifft man die Sicherheitskräft der Deutschen Bahn nicht Abends an? zB nach einem Union oder Hertha Spiel wo die "Fans" dann versuchen einen Bus umzukippen oder flaschenschwingend & grölend die S-Bahn rauf und runter stampfen? Stattdessen begegenen diese Sicherheitskräfte einem morgen 7:30 Uhr auf dem Weg zur Arbeit oder Nachmittags wo fast niemand im Zug sitzt.
[b]2. Was ist Ihr Verhältnis zu AntiFa?[/b]
Auf einer Kundgebung kurz vor dem 1.Mai bei dem auch Vertreter der AntiFa anwesend waren (die Schwarzkuttenbrutalos des Schwarzen Blockes, ich meine keine "normalen" Menschen die sich gegen Rechts engagieren) haben sie neben allerlei lauen Worten gegen Gewalt die Arbeit der AntiFa gelobt. Sie fänden die Arbeit der AntiFa wichtig und wertvoll. Da der 1.Mai kurz bevor stand konnte man (zumindest die in den ersten Sitzreihen anwesenden Schwarzen) das nur als Ermutigung zu Gewaltexzessen auffassen. Ist der Prozentsatz linker Gewalttäter in Kreuzberg so groß das sie bei einer Wiederwahl nicht darauf verzichten können?
[b]3. Der BW Einsatz im Kongo.[/b]
Soweit ich mich erinnern kann sind Sie damals von Kneipe zu Kneipe, Veranstaltung zu Veranstaltung gezogen und haben für den Einsatz geworben. Sie sagten die Leute im Kongo würden europäische Truppen wünschen um geregelte Wahlen abhalten zu können. Daraufhin wurden Sie auf diesen Veranstaltungen niedergeschrien. Ihr beharrliches Argumentieren für den Einsatz war sehr beindruckend.
Nun erfahre ich das sie dann doch dagegen gestimmt haben. Wenn man sie die Erklärung auf Ihrer Homepage durchließt scheinen sie auch weiterhin dafür zu sein, nur geht ihnen der Einsatz scheinbar nicht weit genug? Zeitlich, räumlich und materiell? Oder haben sie Ihre politische Zukunft in Kreuzberg mit der Zukunft der Einwohner im Kongo verrechnet?
Mit freundlichen Grüßen
Malte Hohmeier
Sehr geehrter Herr Hohmeier.
In diesem Punkt gebe ich Ihnen recht. Die Sicherheitskräfte der BVG sollten dann und da anwesend sein, wo Personen gefährdet sind, d.h. selbstverständlich auch nachts und an Orte, wo Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Nach meiner Wahrnehmung ist dies häufig auch der Fall. Wenn etwa am Bahnhof Friedrichsstraße viel Bundespolizei versammelt ist, weiß ich, daß Fußballfans zu erwarten sind oder andere Großereignisse mit Gefährdungsrisiko.
Übrigens ist bei der S-Bahn überwiegend die Bundespolizei im Einsatz und nicht ein BVG-eigener Sicherheitsdienst.
Sicher haben Sie auch insoweit recht, daß Sicherheitskräfte mal fehlen, gerade wenn sie gebraucht werden. Ich habe aber keine Anhaltspunkte dafür, daß dies planmäßig der Fall ist, sondern entweder stehen zu wenig Leute zur Verfügung oder es liegt ein Organisationsmangel vor. Mir sind konkrete Fälle dazu nicht bekannt. Aber vermutlich wird die BVG Hinweisen nachgehen, wenn so etwas vorgekommen ist.
Ich selbst habe auf die Organisierung der Arbeit bei der BVG keinen Einfluß und könnte aber Hinweise weitergeben, wenn sie ausreichend konkret sind, also Zeit, Ort und Ereignis näher bezeichnen.
Sie haben nicht recht, wenn Sie meinen, daß ich meine Äußerungen zur Antifa oder zum Kongoeinsatz der Bundeswehr danach richte, welche Wahlchancen verbessert und welche nicht.
Eine von Ihnen angesprochene Veranstaltung vor dem 1. Mai erinnere ich nicht. Sie müßten schon mitteilen, wann und wo das gewesen ist.
Sicher habe ich weder Antifa-Leute noch andere zu Gewalttaten aufgerufen. Schon gar nicht zum 1. Mai. Ich engagiere mich mit vielen anderen dafür, den 1. Mai in Kreuzberg als friedliches politisches Fest zu gestalten und freue mich darüber, daß dies auch Jahr für Jahr besser gelingt. Ich bin am 1. Mai stets vor Ort anwesend auf dem Mariannenplatz, auf der Oranienstraße und an anderen Orten.
Die politische Arbeit von Antifa-Gruppen halte ich für wichtig.
Ich habe etwa von der Antifa-Moabit früher Informationen über die rechte Szene und rechte Gewalt erhalten, die ich so gut dokumentiert woanders nicht gefunden habe. Ich habe auch schon öffentlich in der Debatte über den Einsatz von V-Leuten bei der NPD die Auffassung vertreten, daß das Material, was bei der Antifa über die NPD oder rechte Kameradschaften vorhanden ist, ausreichen würde, einen Verbotsantrag zu begründen. Informationen von V-Leuten aus den Vorständen oder anderen Gremien der NPD sind daneben nicht notwendig und deshalb auch nicht deren fortdauernder Einsatz.
Ich sehe es auch als wichtig an, radikalen rechten Gruppierungen nicht die Straßen in Berlin zu überlassen. Zahlreiche Demonstrationen, die von Antifa-Leuten mitveranstaltet wurden, gegen Aktionen und Gewalttaten, die von rechten Gruppen ausgegangen sind, haben dazu beigetragen, daß auf Straßen und Plätzen in Friedrichshain und Kreuzberg Aufmärsche rechter Gruppen seit Jahren nicht stattgefunden haben. Auch aus diesem Grunde nehme ich, soweit es meine Zeit erlaubt, immer wieder auch an solchen Antirechts-Demonstrationen teil. Zu Ausschreitungen ist es bei diesen Demonstrationen in derr Regel nicht gekommen.
Meine Position zum Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der Demokratischen Republik Kongo zum Schutz der Wahlen im Jahr 2006 habe ich, wie Sie zutreffend schreiben, mehrfach öffentlich dargestellt. Bevor ich mir eine Meinung gebildet hatte, bin ich in das Land gereist und habe mit vielen Menschen dort gesprochen. Ich habe es mir also nicht leicht gemacht. Meine damalige Auffassung halte ich auch heute noch für richtig. Ich sehe sie durch die schreckliche Entwicklung der letzten Monate bestätigt.
Gerade wegen der besonders instabilen und gefährlichen Lage im Ostkongo, die schon 2006 immer wieder in Kriegsverbrechen und Massaker deutlich wurde, habe ich den Einsatz der UN-Soldaten unterstützt und letztlich auch befürwortet, daß die Monuc-Soldaten der UNO durch deutsche Einheiten für die Zeit der Wahlen verstärkt wurden, weil der Weltsicherheitsrat nicht bereit war, die Monuc-Truppe aufzustocken. Die Befürchtungen, Deutschland könnte damit eine Art Kolonialmacht werden, der es nur um die Rostoffe im Ostkongo ging, habe ich nicht geteilt und diese haben sich ja auch durch den längst erfolgten Abzug der Bundeswehr als gegenstandslos erwiesen.
Obwohl ich also im Sommer 2006 den begrenzten Einsatz der Bundeswehr für richtig gehalten habe, habe ich im Bundestag letztlich dagegen gestimmt. Im Laufe des Sommer hat sich nämlich gezeigt, daß faire Wahlen kaum noch möglich waren. Als Kandidaten für das Präsidentenamt blieben nur noch zwei übrig, die im höchsten Maße als korrupt und gar als Kriegsverbrecher diskreditiert waren. Diese haben sich sogar in den letzten Wochen vor der Wahl mit schweren Waffen bekriegt. Mit vielen Wahlbeobachtern war ich deshalb der Meinung, man hätte die Wahlen verschieben und zunächst einen Dialogprozeß, wie er von vielen, auch von den Kirchen gefordert wurde, einleiten sollen. Bei den Wahlen gab es dann erhebliche Unregelmäßigkeiten. Auch das Wahlergebnis war nicht geeignet, meine Zweifel zu zerstreuen, daß die Wahlen nicht fair verlaufen sind. Wenn in einzelnen Landesteilen für den heutigen Präsidenten 99 % der Stimmen abgegeben worden sein sollen, dann spricht das für sich.
In einer ausführlichen Erklärung zur Abstimmung im Bundestag habe ich meine Gründe für das NEIN mitgeteilt. Auch diese können Sie auf meiner Web-Seite nachlesen.
In dieser Erklärung habe ich auch bedauert, daß den Menschen im Ost-Kongo nicht einmal durch Nothilfeeinsätze beigestanden werden soll. Gerade dieser Mangel, der den gesammten UN-Einsatz betrifft, hat inzwischen katastrophale Folgen gehabt. Im Osten herrscht wieder Bürgerkrieg mit unendlichem Leid.
Ein Zusammenhang meiner Haltung zum Kongoeinsatz der Bundeswehr und meinem Abstimmungsverhalten mit meiner "politischen Zukunft in Kreuzberg" besteht nicht.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele