Frage an Hans-Christian Ströbele von Petra R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Stöbele
Mit Entsetzen habe ich am 21.11.2008 einen Vortrag des ver.di Vorsitzenden Frank Bsirske verfolgt, der u.a. die geringen Steuereinnahmen im Bereich der Vermögens- und Erbschaftssteuer in Deutschland bemängelt hat.
So soll die Erbschaftssteuerbelastung eines deutschen Unternehmens bei etwa 4% liegen, wohingegen in Frankreich 16%, den Niederlanden 25% und in den USA satte 36% zu zahlen sind, sozusagen deutsche Peanuts?
Es wurde auch die Zahl von 2% genannt als durchschnittliches Einkommen aus der Erbschaftssteuer. Das erscheint mir als schlechter, sehr schlechter Scherz, ist das wirklich wahr?
Zudem berichtete Herr Bsirske, dass die CDU/CSU die Erbschaftssteuerreform blockieren soll, es eine Entscheidung bis Ende diesen Jahres geben muss, da diese sonst wegfällt?
Es wurde auch bemängelt wie gering die Finanzämter Firmen kontrollieren können, zu wenig Personal, geringes Interesse insb. in Süddeutschland. Ist hier eine Änderung in Sicht?
Egal was ich mache ich werde auf keinen grünen Zweig kommen, was ich einigermaßen akzeptieren kann da ich mit meinen Einnahmen aus Arbeit zurechtkommen muss.
Auch die 25% Abgeltungssteuer werde ich hinnehmen müssen, ist halt so.
Aber dass derjenige der eh schon viel zuviel hat fast ohne Abschläge immer noch reicher wird, großes Millionenvermögen nahezu 1:1 vererbt werden kann will mir nicht eingehen. Ich verstehe diese Politik nicht. Bei Vermögen hört Gleichheit vor dem Gesetz auf?
Lt. DER SPIEGEL will die Regierung der USA 500-700Mrd zur Belebung der Binnenkonjunktur ausgeben, wohingegen unsere Regierung sehr sehr zögerlich vorankommt.
Ebenso haben die USA etwa mehr an Bürgschaften + Kapitalhilfen bereitgestellt als die Bundesrepublik mit 500Mrd.
Müsste die Bundesregierung dann nicht ähnlich hohe Konjunkturbelebungsausgaben planen?
Großbritannien plant die Mwst. noch in diesem Jahr zu senken, eine gute und sofort wirksame Idee finde ich. Was halten Sie davon?
Mit freundlichen Grüßen
Petra Röcker
Sehr geehrte Frau Röcker.
Die Kritik von Frank Bsirske und anderen Gewerkschaftern an der Neuregelung der Erbschaftssteuer teile ich.
Die steuerliche Belastung von großen Vermögen halte ich schon lange für viel zu gering. Wir erleben geradezu eine Explosion der Vermögenswerte in privater Hand. Jedes Jahr steigen diese exorbintant an, aber der Staat tut nichts, um mittels Steuern wenigstens einen kleinen Teil der Vermögenswertzuwächse nach unten zu verteilen, damit die Schere zwischen dem goßen Teil der Bevölkerung ohne oder mit nur geringem Vermögen und dem kleinen Teil der Bevölkerung mit den Riesenvermögen nicht immer weiter auseinandergeht.
Deshalb hatte ich mich schon vor Jahren öffentlich und auf grünen Parteitagen für die Wiedererhebung der Vermögenssteuer eingesetzt und sogar selbst an einem entsprechenden Gesetzesantrag mitgearbeitet.
Die Grünen hatten zwar die Wiedererhebung einer Vermögensteuer beschlossen, aber bis heute fehlt ein geeigneter Gesetzentwurf und vor allem leider auch die Mehrheit im Bundestag für ein solches Gesetz.
Nicht nur die Grünen sondern auch die SPD hatte auf ihren letzten Parteitagen beschlossen, mindestens die Erbschaftsteuer deutlich zu erhöhen, um die großen Vermögen wenigstens auf diesem Wege etwas zur Kasse zu bitten.
Mit ihrer Zustimmung zur jetzt beschlossenen Erbschatsteuerregelung verstößt die SPD auch gegen diesen Beschluß ihres eigenen Parteitages. Denn das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer wird sich nicht erhöhen. Aus der SPD hört man auch keinen Laut mehr zu der Forderung nach Erhöhung der Erbschatsteuer. Still ruht der See.
Genauso wie das Wort "Bürgerversicherung" bei der SPD keiner mehr auszusprechen wagt. Der Koalitionsraison in der großen Koalition sind solche richtige soziale Forderungen offensichtlich zum Opfer gefallen.
Anders als Sie verstehe ich diese Politik schon. Es ist handfeste Klientelpolitik im Interesse der Inhaber und Erben großer Vermögen. Unverständlich ist mir nur, wie die SPD eine solche Politik mitmachen kann, ohne dagegen aufzumucken und zumindest weitergehende Forderungen öffentlich zu stellen. Schade.
An der US-Politik gegen die Finanzkrise kritisiere ich vieles. Es ist sicher nicht nachahmenswert aus Steuergeldern Finanzhilfe in zweistelliger Milliardenhöhe an Banken zu zahlen, die zur gleichen Zeit weiter Gewinnausschüttungen vornehmen und das in einer Höhe, die in drei Jahren noch die Höhe der Finanzhilfen übersteigt. So werden faktisch die Finanzhilfen genutzt, um die Gewinnausschüttungen der Banken zu bezahlen.
Das muß nun wirklich nicht sein.
Aber die öffentlichen Auseinandersetzung und hochnotpeinliche Befragung der Autobosse im Kongreß über die Beihilfen an die Autoindustrie könnten wir uns getrost als Vorbild nehmen für eine ähnliche offene und öffentliche Befassung mit den Kondiditionen der Finanzhilfen aus Steuermitteln. Denn bei uns findest eine Beteiligung des Parlaments und der Öffentlichkeit an diesen Entscheidungen so gut wie gar nicht statt. Das vorgesehene absolut geheim tagende Parlamentsgremium, das noch nicht einmal mitentscheiden darf, sondern allenfalls informiert wird, ist ein eher undemokratisches Kontrastprpgramm zum TV-Ereignis in den USA.
Kritisch aber differenziert betrachte ich also die Umgehensweise der USA mit Finanz- und Konjunkturkrise.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele