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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Knud P. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Knud P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

Ihre Antwort vom 24.08.2008, für die ich danke, veranlasst die Nachfrage:

Zum Volksentscheid (GG Art. 20 Absatz 2).

Ihr "Ja" hatte ich erwartet. Die Drucksache der Grünen war allerdings mit anderen fast gleichlautend und enthielt nur allgemeine Anregung; sie bewirkte nichts und erscheint deswegen als Lippenbekenntnis.

Ich frage also nach: Können Sie sich Ihren politischen Einsatz so nachhaltig vorstellen wie beim Kampf um Ihr Direktmandat ?

Würden Sie dafür sorgen, dass zumindest ein bereits verfasster Gesetzentwurf eingebracht und klargestellt wird, dass es keiner Grundgesetzänderung bedarf bzw. dass diese Frage notfalls noch durch das Bundesverfassungsgericht geklärt werden könnte? Würden sich hierzu Abgeordnete auch anderer Fraktionen mit Ihnen verbünden?

Zur Rechtsbeugung (StGB § 339)

Für Ihr "Nein" (keine Strafe bei Fahrlässigkeit) fehlen Gründe. Wenn Richter die Rechtsbeugung in Kauf nehmen sollten, also bedingt vorsätzlich handeln, ist das heute schon strafbar (StGB § 339). Allerdings haftet der Staat bei Gerichtsfehlern auf Schadensersatz nur, wenn Rechtsbeugung festgestellt wird (BGB § 839; sog. Richterprivileg).

Ich frage also nach:

Sollte Rechtsbeugung nicht wenigstens im Falle fahrlässiger Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs (GG Art. 103 Absatz 1) bestraft werden?

Im Falle Ihres "Nein": Würden Sie sich dafür einsetzen, dass in BGB § 839 das sog. Richterprivileg beseitigt wird, sodass der Staat für Richterfehler wenigstensden den Schaden zahlt?

Im Falle Ihres "Nein": Ist es gerecht, dass der Rechtsanwalt, der wie Gericht und Staatsanwalt ebenfalls ein Organ der Rechtspflege ist (BRAO § 1), dem Mandanten nicht nur für vorsätzlich sondern auch für fahrlässig falsche Rechtsberatung auf Schadensersatz haftet, Richter und Staat aber im entsprechenden Fall dem Bürger gegenüber nicht ?

Mit freundlichen Grüßen

Knud Petzel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Petzel.

Sie teilen nicht mit, welche Drucksache der Grünen mit nur "allgemeiner Anregung" Sie meinen.
Die Grünen haben ausformulierte Gesetzesentwürfe zur Einführung eines Volksentscheides mehrfach in den Bundestag eingebracht und ich habe diese Gesetzentwürfe auch selbst unterstützt und an ihrer Formulierung mitgewirkt. Ich weiß nicht, welchen "bereits verfaßten Gesetzentwurf" ich jetzt noch einbringen soll.
Ihre Auffassung, daß es für die Einführung eines bundesweiten Volksentscheides keiner Grundgesetzänderung bedarf teile ich nicht.

Eine Strafbarkeit von Richtern wegen fahrlässiger Rechtsbeugung, wenn sie rechtliches Gehör aus Fahrlässigkeit nicht gewähren, halte ich nicht für richtig.
Gegen solche Rechtsfehler sind und zwar ganz unabhängig von einer Schuld der Richter Rechtsmittel gegeben. Letztlich kann das Bundesverfassungsgericht helfen und tut dies häufig durch einfache Beschlußentscheidungen.
Auch eine Änderung der Haftungsvorschrift des § 839 BGB für richterliches Fehlverhalten halte ich nicht für notwendig. Sie verweist im Absatz 3 im übrigen auch darauf, daß ein Schaden dadurch abgewehrt werden muß, daß Rechtsmittel eingelegt werden.
Die Stellung des Rechtsanwalts unterscheidet sich gravierend von der des Richters, auch wenn er als Organ der Rechtspflege gilt. Daran will ich nichts ändern. Nicht alle Organe müssen gleich sein. Deshalb sind auch die haftungsrechtlichen Vorschriften völlig unterschiedlich.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele