Frage an Hans-Christian Ströbele von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
die US-Präsidentschaftskandidaten beider Parteien wollen die Militärpräsenz in Afghanistan ausbauen.
Das einflußreiche US-Institut Rand-Corporation fordert die Konzentration auf Polizei- und Geheimdienstarbeit. Washington soll den Ausdruck "Krieg gegen den Terrorismus" fallen lassen.
Terroristen müssen als Kriminelle wahrgenommen werden.
Die Analyse zeige, daß es auf dem Schlachtfeld keine Lösung für den Terrorismus gibt.
Als Beispiel nennt die Studie die verstärkte Aktivität der Aufständischen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet.
sieben Jahre nach dem 11.9.2001. Polizei und Geheimdienst können besser als das Militär terroristische Organisationen unterwandern und die Anführer aufspüren. US-Truppen könnten dagegen terroristische Aktivitäten sogar noch fördern.
Aus FOCUS online vom 29.7.08.
Was halten Sie von diesen Feststellungen?
Unter welchen Voraussetzungen könnte nach Ihrer Einschätzung endlich eine Mehrheit im Bundestag die Beteiligung Deutschlands am Afghanistankrieg beenden?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth.
Die Forderung, den Krieg in Afghanistan zu beenden, halte ich schon lange für richtig. Die Kriegslage wird jedes Jahr katastrophaler trotz ständiger Truppenaufstockungen. Allein im letzten Jahr sind die "Sicherheitsvorfälle" um 40 % angestiegen, haben Natokommandeure erst vor wenigen Tagen festgestellt.
Vor allem die US-Offensivstrategie trägt zur ständigen Eskalation und Verschärfung der Lage bei. Jede Bombardierung einer Hochzeitsgesellschaft durch US-Raketen aus blauem Himmel mit Dutzenden von Toten, überwiegend Frauen und Kinder, schafft viele neue Widerstandsnester und Selbstmordattentäter.
Aktionen ausländischer Geheimdienste und Polizei sind keine realistische Alternative und werden die Situation nicht verbessern.
Bündnistreue scheint für die meisten Abgeordneten im Bundestag und für Fraktionsführungen oberstes Gebot. Dies selbst dann wenn das Bündnis in einen sinnlosen, hoffnungslosen und ständig eskalierenden Krieg verstrickt ist. Selbst die kontinuierliche Ablehnung der deutschen Kriegsbeteiligung durch die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland scheint dahinter zurückstehen zu müssen. Alle Hofnungen und Forderungen nach einem Strategiewechsel in Afghanistan wurden bisher in den Wind geschlagen.
Nur wenn es gelingt, die nächsten Wahlen auch zu einer Abstimmung über die Beteiligung am Afghanistankrieg zu machen, sehe ich Hoffnung, das "Weiter so" mit immer mehr Soldaten zu beenden.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele