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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Günther W. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Günther W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

die Bürgerrechte sind ein wichtiges Thema. Aber wie kann ich sie durchsetzen, wenn sich der Staat nicht an die eigenen Gesetze hält?

Wie bekannt, ist nach Protokoll Nr. 4 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, analog Art. 6 II EMRK, durch das gewisse Rechte und Freiheiten gewährleistet werden, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll in der Fassung des Protokolls Nr. 11 Straßburg, 16.09.1963 enthalten sind, die Freiheitsentziehung wegen zivilrechtlichen Schulden, -und somit die Einleitung einer Beugehaft für die Abgabe einer zivilrechtlichen eidesstattlichen Versicherung-, eine Menschenrechtsverletzung.

Wie sehen Sie das? Wo bleiben die Menschenrechte, wenn man zur Abgabe der EV mittels Haftbefehl gezwungen werden soll?

Mit freundlichen Grüßen
Günther Wagner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wagner.

Im Zuge der Beantwortung der bisher nicht beantworteten Fragen bin ich auf Ihre Frage vom 12.7. 2007 gestoßen.
Ich bitte um Nachsicht, daß ich erst jetzt anworte.

Sie verstehen die Formulierung im 4. Zusatzprotokoll Artikel 1 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht ganz richtig.
Dort wird nicht festgelegt, daß die Verweigerung der Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung wegen einer offenen zivilrechtlichen Forderung nicht mit Haft erzwungen werden darf. Dort steht nur, daß "niemand die Freiheit allein deshalb entzogen werden darf, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen."
Damit ist der früher in Europa übliche "Schuldturm" abgeschafft. Wenn jemand nicht bezahlen kann, darf er allein deshalb nicht in staatliche Haft kommen.
Mit der Eidesstattlichen Versicherung wird aber nicht das Nichtbezahlen einer Schuld durch Freiheitsentziehung sanktioniert, sondern es soll geklärt werden durch die Abgabe einer entsprechenden Erklärung, ob er/sie zahlungsfähig ist oder über pfändbares Vermögen verfügt, um eine festgestellte zivilrechtliche Schuld zu bezahlen. Die Haft kann jederzeit abgewendet werden, indem die vom Gesetz vorgesehene Erklärung zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen abgegeben wird. Wegen der Nichtzahlung kommt der Zahlungsunfähige nicht ins Gefängnis.

Angesichts des großen Unglücks, das etwa durch die Nichtbezahlung von Unterhaltsschulden angerichtet werden kann, wird eine solche staatliche Maßnahme allgemein nicht als Menschenrechtsverstoß angesehen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele