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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Karl-Heinz B. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Karl-Heinz B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Ströbele,

1.Frage)
warum haben Beamte immer noch so gravierende Vorteile gegenüber der sonstigen Bevölkerung, z.B. bei den Pensionen/Krankenvers.Beamtentarife etc.
Eine Minderheit , in diesem Fall Beamte empfehlen bzw. bestimmen in diesem Land , welche Reformen ( Kürzungen ) durchgeführt werden.
Reformen in öffentlichen Dienst werden faktisch nicht durchgeführt, Globalisierung bzw. Konkurrenz gibt es für diese Schicht nicht, nur einen sicheren Arbeitsplatz , Probleme haben nur die Nichtbeamten. Was könnte bzw. was sollte man dagegen unternehmen ? ( Evtl. nur 4 Bundesländer, müßte ausreichend sein, man könnte langfristig Milliarden einsparen.)
2.Frage
Ein weiteres Problem,die Energiekrise etc., warum nehmen die Staaten nicht direkten Einfluß auf die Konzerne , bei uns müssten die hohen Steuern reduziert werden. Die Gründe, weshalb die Preise steigen, ändern sich fast jeden Tag. Die jetzige Regierung ( Frau Merkel ) will keine Reduzierung der Steuern, will aber wiedergewählt werden.
Die derzeiten Benzin-/Heizoel-/ Gaspreise sind schon jetzt nicht mehr bezahlbar, aktuell 100 Liter = EUR 100,00
Eine Verknappung kann ja auch künstlich herbeigeführt werden, indem Tanker auf den Weltmeeren kreuzen und nicht entladen werden, dies soll aktuell zutreffend sein.
Nur eines ist sicher, sollte sich diese Situation nicht ändern, wird es volkswirtschaftlich bergab gehen, was daraus resultieren könnte , muss ich Ihnen nicht sagen.
Was sollte man aus Ihrer Sicht unternehmen?

MFG
K.-H. Birrenkoven

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Birrenkoven.

Auch weil es im Grundgesetz steht, haben die Beamten weiterhin Sonderbedingungen für ihre Arbeitsplätze. In Artikel 33 Absatz 3 GG ist nämlich festgelegt, daß das Recht des Öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist. Aber ich gebe Ihnen recht. Die Gründe, die es mal gab, um willige Staatsdiener zu haben, passen in der heutigen Zeit nicht mehr so richtig. Deshalb habe ich mich schon seit mehr als zwanzig Jahren für die Abschaffung des Berufsbeamtentums ausgesprochen. Damals noch ohne viel Erfolg. Inzwischen hat ich aber schon viel geändert. Damals gab es noch die Auffassung, nicht nur Lokomotivführer sondern auch Briefträger müßten besonders staatsloyale Mitarbeiter und deshalb Beamte sein. Polizisten gar seien gar nicht denkbar ohne den Beamtenstatus. Inzwischen gibt es keine Briefträger und Lokomotivführer mehr, die Beamte sind und auch bei den Polizisten sind immer mehr Angestellte und nicht mehr Beamte und die Welt ist auch in Deutschland nicht im Chaos gelandet.

Allerdings sind auch die Angestellten im Öffentlichen Dienst häufig besser gestellt als viele sonstige Angestellte, nicht nur, was die Kündbarheit anbetrifft. Ich gehe davon aus, daß die Berufsbeamten in den meisten Bereichen eine aussterbende Art von Beschäftigungen sind. Andererseits halte ich für richtig, daß die Mitarbeitenden im Öffentlichen Dienst weiter in gesicherten Arbeitsverhältnissen bleiben und eine angemessene Bezahlung erhalten. Es kann nicht Sache des Staates sein, auch ungesicherte Beschäftigungsverhälnisse mit schlechter Bezahlung einzuführen, nur weil viele Firmen diesen Weg gehen und die Beschäftigten sich wegen des Drucks, ansonsten den Arbeitsplatz zu verlieren, darauf einlassen.

Der Einfluß der Staaten auf die Geschäftspolitik der Konzerne ist in der Tat gering und ich fürchte, das wird auch noch lange so bleiben. Dafür gibt es viele Gründe. Die Konzerne agieren häufig weltweit, die meisten Staaten nicht. Und im modernen Kapitalismus ist das freie Unternehmertum weitgehend vor staatlichen Eingriffen geschützt. Und diese nützen das häufig schamlos aus. So sind die hohen Spritpreise zu einem Teil durch Spekulanten und andere Interessierte auch künstlich hochgetrieben. Damit verdienen viele viel mehr. Und solche Superprofite können die Staaten nicht so einfach verbieten, selbst wenn sie es wollten. Und viele Staaten wollen das auch gar nicht, zumal wenn Regierende an diesen Gewinnexplosionen beteiligt sind.

Die Senkung der Steuern auf den Treibstoff wäre nicht der richtige Weg. Einmal würden die staatlichen Einnahmen dann fehlen, etwa bei dem Bemühen, die Sozialbeiträge nicht weiter steigen zu lassen, und außerdem würde die entstehende Lücke zu den heutigen Preisen dann sehr schnell ausgefüllt durch weitere Preissteigerungen und damit Gewinnsteigerungen, weil der Markt eben dann noch mehr hergibt. Richtig wären Steuern auf Spekulationsgewinne und vor allem die drastische Senkung des Energieverbrauchs verbunden mit einem kurzfristigen Ersatz des heutigen Ernergieträgers Öl durch andere. Das aber klappt nur durch weitere starke Förderung von Forschung und Produktion anderer Energieträgern.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele