Frage an Hans-Christian Ströbele von Wilfried M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Stroebele,
der Herr Ministerpräsident Dr. jur. Stoiber und der Herr Bundeskanzler Dr. h.c. (zu Ehren des "Bioethik"- Entgegenkommens?) Schröder sollen sich - der "Zeit" vom 3. Juli 2003 zufolge - von ein und demselben global agierenden Unternehmensberater Rat holen bzw. jedenfalls damals geholt haben: Dr. Roland Berger STRATEGY CONSULTANTS.
In Familiensachen ist das "Consultings- Sharing " von Münchner und Berliner Ministerinnen m.W. seit vielen Jahren üblich. Meinungsbeherrschend ist der Herr Dr. Dr. Dr. Fthenakis, der sich mit seinem Staatsinstitut m.W. dem internationalen wissenschaftlichen Wettbewerb nicht stellt, aber Broschüren ("Wegweiser", "Studien") und Bücher produzieren läßt, welche wir z.T. kostenlos erhalten.
Nun meine Fragen:
1. Wer riet Herrn Außenminister Fischer unlängst dazu, Werbung ausgerechnet für die Riester- Rente zu machen?
2. Falls Herr Fischer nicht auch Dr. Bergers strategische Konsultation suchte und sucht: Ist seine Beratungsfirma in freier Konkurrenz zu der des Dr. Berger und zugleich der Bostener und der Mailänder Consultingagenturen, in denen Dr. Berger - der "Zeit" zufolge dereinst seine Ausbildung durchlief ?
3. Wer regiert eigentlich die Bundesrepublik wirklich, wenn zwei politische Schwergewichte wie die o.g. von ein und demselben Agenten beraten werden, dessen angeblich u.a. dem italienischen Musiktheater bzw. der italienischen Literatur entsprungener Traum vom 3.7.03 ("Überliste die Großen (und den Staat)..." mittlerweile in groben Umrissen Realität geworden zu sein scheint?
4. Würden Sie - zumal unter diesen Umständen - einer Grundgesetzänderung zustimmen, welche künftig dem Herrn Bundeskanzler (oder der Frau Bundeskanzlerin, derzeit von wem und wie professionell auch immer strategisch beraten) die Auflösung des Parlamentes ermöglichen würde, sobald die Consultants z.B. kein ausreichendes Vertrauen der "eigenen" Abgeordneten mehr befinden und Zeitungsartikel aus welchen Medienhäusern auch immer vorlegen, welche dies belegen sollen?
Die Befürworter einer solchen Änderung kommen uns ja mit der (m.E. möglicherweise Fehl-) Einschätzung, die Demokratie in Deutschland sei ausreichend gefestigt.
5. Ist Ihnen bekannt, wem diese befürwortenden Abgeordneten ihre (Fehl?-) Einschätzung "verdanken"?; bzw. "abgekauft" haben?
6. Die nachlesbaren "Traum"- Äußerungen ("Überliste ... den Staat" ist nur ein Beispiel) des global agierenden Dr. Berger passen m.E. eigentlich nicht zu einem Mann, der zwei derart viel politische Verantwortung tragende rivalisierende Politiker seriös beraten und zugleich unser Grundgesetz wahren wollte.
Wie sehen Sie das?
7.Eine Frage zu Art. 20 Abs. 2 u. 4 GG: Welche Maßnahmen zur Abhilfe einer m.E. deutlichen Gefahr der Aushebelung der verfassungsmäßigen Ordnung wurden oder werden durch Herrn Montag, Sie oder andere ergriffen?
Mit freundlichen Grüßen
Wilfried Meißner
Sehr geehrter Herr Meißner,
vielen Dank für Ihre Frage an Herrn Ströbele; er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Ich hoffe, Sie nehmen mir nicht übel, wenn ich Ihren Fragekatalog auch so auffasse, dass Sie auf bestimmte Dinge aufmerksam machen wollen. Die Verflechtungen zwischen führenden Unternehmensberatern und der Politik sind ganz sicher ein spannendes Thema; wer die Entwicklung der Hartzgesetze verfolgt hat (wie der Autor dieser Zeilen), der hat auch die Wandlungen bei der Setzung "negativer Anreize" miterlebt, die insbesondere von den Beratern implementiert worden sind. Bezgl. der von Ihnen angesprochenen Verflechtungen um die Beratungsfirma Roland Berger kann aber Herr Ströbele nichts bestätigen oder dementieren, weil er darüber keine Erkenntnisse besitzt. Sie werden verstehen, dass in einem Forum wie Kandidatenwatch, wo alle Fragen und Antworten öffentlich sind, eine Diskussion ausserhalb wirklich gesicherter Erkenntnisse sich aber verbietet.
Zu Ihrer Fragestellung in Richtung Aushebelung der verfassungsmässigen Ordnung sei hier nur kurz gesagt, dass Herr Ströbele sich ja ganz intensiv dafür einsetzt, dass die wirtschaftlichen Abhängigkeiten der Abgeordneten offen gelegt und so dem Wähler transparent gemacht werden. Aber das Engagement von Herrn Ströbele kennen Sie natürlich, sonst hätten Sie Ihre Fragen ja nicht an Ihn gerichtet.
Mit freundlichen Grüssen
Dietmar Lingemann
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Kurt-Dietmar Lingemann
Wiss. Mitarbeiter MdB Ströbele