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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Markus H. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Markus H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

Vor ca. 28 Jahren ging die Partei "Die Grünen" v.a aus etlichen kleineren lokalen Bürgerinitiativen hervor. Nach meiner Einschätzung war das möglich, weil die etablierten Parteien bestimmte Themen, wie Gefahr der Kernenergie, begrenzte Rohstoffvorräte, Wettrüsten....bis dahin ignoriert hatten oder ein gewisser Konsens darüber herrschte.

Heute gibt es ähnliche Entwicklungen:

Ehemals stark konservative Parteien rücken zur Mitte. (Stichwörter: Familienpolitik, Sozialpolitik), während die frühere Arbeiterpartei SPD sich ebenfalls von ihrer klassischen Klientel entfernt.
Im linken Parteienspektrum hat dies zur Neugründung der WASG geführt, die nun in der sog. "Linken" aufgegangen ist.

Im konservativ-rechtem Wählerspektrum zeichnen sich diese Tendenzen ab:
- Konservative, an christlichen Werten orientierte Wähler fühlen sich von der CDU nicht mehr vertreten.
-viele Bürger sehen die freiheitlich-demokratische Grundordnung durch die Ausbreitung des Islam in Gefahr. Sie vermissen aber die Artikulation dieser Ängste durch die Parteien.
-es gibt keine konservative oder demokratisch-rechte Partei, die der Europäischen Integration skeptisch gegenübersteht.

- da diese Elemente in der öffentlichen Auseinandersetzung fehlen, haben sich schon etliche Kleinparteien, Bürgerbewegungen, Vereine und sonstige Aktionsbündnisse gegründet (Pax, Europa, BÜNDNIS ARBEIT, FAMILIE, VATERLAND; "Bürger in Wut", "Pro Köln".....).

Ich frage daher Sie als jemanden, der eine Parteigründung schon mitgemacht hat:

Würden Sie mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass auch von Rechts die Neugründung einer Partei zu erwarten ist?

Mit freundlichen Grüßen
Markus Helmreich

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Helmreich.

Rechte Partei-Neugründungen hat es immer wieder gegeben. Das waren nicht nur DVU und Republikaner, sondern auch Stadtpartei, Schillpartei, Anti-Europa-Partei, Büso, EAP unter anderen, sie sind schnell gescheitert, meist an inneren Querelen, aber ich sehe auch wichtige inhaltliche Unterschiede, rechte Themen wie die angeblichen Gefahren für Deutschland und das christliche Abendland durch ein Vordringen des Islam oder die EU als Unglück für Deutschland und Europa sind propagandistisch aufgeblasene Scheinprobleme, die von den meisten potentiellen Wählerinnen und Wählern über kurz oder lang als solche erkannt wurden.

Die Themen dagegen, die zur Gründung der Alternativen Listen und der Grünen geführt haben, - AKWs, Umwelt- und Klimaschutz, Frauenbenachteiligung, Gefahren für den Frieden - sind mehr und mehr anerkannt die Probleme, die Deutschland und die Welt bewegen und von den anderen Parteien entweder nicht gesehen oder vernachlässigt wurden.

Im übrigen mühen sich Union und manchmal auch die SPD durchaus, von Zeit zu Zeit rechte Themen aufzunehmen und zu besetzen. So etwa bei der Einschränkung des Asylrechts oder der Anti-Ausländerkampagnen des CDU-Koch in Hessen. Mit einer erfolgreichen Neugründung einer rechten Partei rechne ich derzeit nicht.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele