Frage an Hans-Christian Ströbele von Rico H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
weiter unten versuchen Sie, dem Herrn Voit seine Zweifel am Rechtsstaat zu zerstreuen, mit der Begründung:
"...weil reiche Leute das Geld haben, alle rechtlichen Möglichkeiten der Verteidigung auszuschöpfen und es damit der Justiz sehr schwer machen können, zu einer zeitnahen Verurteilung zu kommen. Das ist der Preis des Rechtsstaates. "
Sie bezeichnen also die Rechtssprechung nach Geldbörse als "Preis des Rechtsstaates". Ist denn aber ein Staat, dessen Rechtsprechung sich nach der Geldbörse der Vor-Gericht-stehenden richtet ein Rechtsstaat??? Ist es rechtsstaatlich wenn ein Mensch, bei gleichem Tatbestand, nicht das gleiche milde Urteil erreichen kann, weil seine Geldbörse die entsprechende Verteidigung nicht zuläßt???
Ist dies wirklich Ihre Position???
Sehr geehrter Herr Haaske.
Vermutlich habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Ich habe die Situation der Rechtspraxis beschrieben. Und da ist es nun mal so, daß die, die mehr für ihre Rechtsvertretung ausgeben können, häufig besser davonkommen. Ich habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß ich dies Ist-Lage gerecht, gut und richtig finde. Aber ich will die Regeln eines fairen Verfahrens und einer wirksamen Verteidigung im Strafverfahren auch nich deshalb abschaffen, weil die Wohlhabenden sie besser nutzen können.
Selbstverständlich setze ich mich dafür ein, daß alle Bürgerinnen und Bürger die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben, ihre Rechte durchzusetzen. D.h. jeder und jede muß die Chancen nutzen können, die der Rechtsstaat beispielsweise für eine effektive Verteidigung bereithält. Der richtige Weg ist, möglichst alle dazu in die Lage zu versetzen, ohne Rücksicht darauf, ob sie viel oder wenig Geld haben. Notfalls muß der Staat die Kosten übernehmen. In meiner jahrzehntelangen Praxis als Strafverteidiger habe ich mich gerade auch für Beschuldigte und deren Rechte eingesetzt, die nicht das Geld hatten, um einen Verteidiger zu bezahlen. Meist konnte ich in Verfahren mit schweren Strafvorwürfen erreichen, als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, damit wenigstens ein Minimum an Honorar aus der Staatskasse bezahlt wurde.
Die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Pflichtverteidigers muß erweitert werden und Strafverteidiger müßten selbstverständlich zum vollen Einsatz für die Mandaten bereit sein, auch wenn das Honorar nicht allzu üppig ausfällt, sondern nur aus den Pfichtverteidigegebühren besteht. Dann kommen wir einem gerechteren Rechtsstaat näher.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele