Frage an Hans-Christian Ströbele von Dominik S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
nun, zunächst vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage zum Strafverfahren wegen Rechtsbeugung gegen die Richter am OLG Naumburg.
http://www.abgeordnetenwatch.de/hans_christian_stroebele-650-5
Sie schreiben, dass Sie nicht mit einer Verurteilung rechnen, da sich die Richter auf das Beratungsgeheimis berufen können.
Ist es somit zutreffend, dass es im Allgemeinen nahezu ausgeschlossen ist, in Deutschland eine OLG-Kammer wegen Rechtsbeugung zu verurteilen, da Entscheidungen an den OLGs ja immer von mehreren Richtern zusammen getroffen werden?
Somit jede offenkundigste Rechtsbeugung für die Richter niemals zu einer Verurteilung führen kann, da sich die Richter IMMER auf ihr Beratungsgeheimnis berufen können ?
Stimmen Sie mit mir überein, dass ein demokratischer Rechtsstaat davon lebt, dass Recht auch für alle gleichmaßen gesprochen wird? Und insbesondere auch für Vertreter der Staatsmacht ?
Was glauben Sie, bewirkt es bei den Bürger, wenn sie erleben, dass Richter ungehindert Rechtsbeugung also Straftaten begehen können?
Herr Ströbele, der Anlass für meine 1.Frage war der Fall des türkischen Vaters Görgülü.
Können Sie mir erklären, weshalb es die Staatsverteter dieses Landes bis heute nicht einmal geschafft haben, der Familie Görgülü ihr Bedauern für das durch deutsche Gerichte und Behörden erlitten Unrecht auszudrücken?
Es gab bis heute noch kein einziges Wort der Entschuldigung an Herrn Görgülü, von einem Mitglied der jetzigen, als auch der Rot-Grünen (!) Regierung oder auch einem MdBs. Auch nicht von Frau Claudia Roth während ihrer Zeit als Menschenrechtsbeauftragte.
Herr Ströbele wollen Sie der erste MdB sein, der direkt mit der Familien Görgülü in Kontakt tritt?
Vielleicht überdenken Sie dann ja auch im Gespräch mit den Betroffenen Ihre Haltung, dass Rechtbeugung für OLG-Richter defacto straffrei bleiben soll.
Mit freundlichen Grüßen
D. Strauss
Sehr geehrter Herr Strauss.
Sie haben recht. Die Verurteilung von Richtern aus einem Kollegilgericht wegen Rechtsbeugung ist kaum möglich, weil das Beratungsgeheimnis in aller Regel verhindern wird, daß bewiesen werden kann, wie und mit welcher Argumentation das einzelne Mitglied des Spruchkörpers votiert hat.
Hinzu kommt, daß die Rechtsprechung verlangt hatte, daß dem beschuldigten Richter der direkte Vorsatz, das Recht zu beugen, nachgewiesen werden muß. Gerade dies ist von vielen Juristen immer wieder kritisiert worden. Auch ich selbst hatte schon im Jahr 1968 als Referendar an einer Stellungnahme zum damaligen Freispruch des ehemaligen Richters am Volkserichtshof Rehse mitgewirkt, in dem der Freispruch und die retsprechung heftig kritisiert wurden.
Diese Gründe haben dazu geführt, daß die Zahl der Verurteilungen von Richtern wegen rechtsbeugung auch denkbar gering ist. Vor einigen Jahren lag sie noch bei Null.
Änderungen der Gesetzesvorschrift sind immer wieder diskutiert worden, aber wegen des Problems des notwendigen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit nicht beschlossen worden.
Ich kenne den weiteren Umgang mit dem Urteil in Sachen Görgülü nicht. Ich weiß nicht, welche Konsequenzen gezogen und ob und welche Erklärungen abgegeben wurden. Aber auch damit haben Sie recht, daß verantwortlichen Stellen gegenüber der Familie eine Erklärung hätten abgeben und in geeigneter Form hätten ihr Bedauern zum Ausdruck bringen sollen.
Wenn ich die Gelegenheit dazu hätte, würde ich mich in diesem Sinne gegenüber der Familie äußern.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele