Frage an Hans-Christian Ströbele von Astrid K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
der Bundestag hat 1996 und 2003 eine Resolution zu Tibet verabschiedet. Die erste enthielt konkrete Forderungen an die VR China bezüglich der Verbesserung der Menschenrechte und der Gewährung kultureller Autonomie. Nun meine Fragen an Sie:
Ist Ihre Fraktion bereit - auch in der Regierungsverantwortung - die Forderungen der ersten Resolution gegenüber der chinesischen Führung aufzugreifen, da bislang keine davon erfüllt worden ist?
Die zweite Resolution war in den Forderungen unverbindlicher, weil sie unmittelbar an den chinesischen Volkskongress gerichtet war.
Können Sie mir Auskunft geben über die Reaktion des chinesischen Volkskongresses auf die zweite Resolution?
Deutschland gehört zu den Staaten, in denen der Dalai Lama noch nie von einem amtierenden Regierungschef empfangen worden ist.
Wird Ihre Fraktion im Falle einer Regierungsverantwortung darauf drängen, dass der Dalai Lama nach der nächsten Wahl vom Regierungschef empfangen wird?
Die Verknüpfung von Menschen- und Völkerrechten mit Wirtschaftsbeziehungen wurde bislang als unerfüllbar abgelehnt.
Halten Sie an diesem Grundsatz fest, oder können sie sich unter bestimmten Umständen - etwa bei besonders gravierenden Fällen von Menschenrechtsverletzungen - vorstellen, von dem Grundsatz abzuweichen?
Bundeskanzler Schröder hat sich mit Nachdruck für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen die VR China eingesetzt.
Welche Position vertritt Ihre Fraktion in der Frage? Sind Sie bereit, sich für den Fortbestand des Waffenembargos zu engagieren?
Sehr geehrte Frau Kleber,
vielen Dank für Ihre Fragen an Herrn Ströbele. Er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Wie Sie wahrscheinlich wissen, hat Herr Ströbele sich deutlich gegen eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China eingesetzt. Nebenbei: Es gab sogar eine Meldung in der Tagesschau, wo über eine Kabinettsrunde berichtet wurde, in der der Meldung zufolge Bundeskanzler Schröder das nicht ausreichende Vertrauen mit einem Verweis auf die angesprochene Haltung von Herrn Ströbele und anderen begründet haben soll.
Weiter hat natürlich Menschenrechtspolitik Vorrang vor Wirtschaftsinteressen; wo wirtschaftliche Boykottmassnahmen wirksam sind, sollen sie angewendet werden. Leider ist dies aber selten der Fall, wie wir in einer ganzen Reihe von Fällen gesehen haben. Deshalb ja auch der Übergang zu sog. "smart sanctions" gegen bestimmte diktatorische Eliten. Im Vordergrund steht die Wirksamkeit von Sanktionen, nicht die Wahrung der Wirtschaftsinteressen.
Im übrigen hat Aussenminister Fischer den Dalai Lama als religiösen Führer und Friedensnobelpreisträger mehrfach empfangen.
Über die Debatten innerhalb des chinesischen Volkskongresses besitzen wir keine eigenen Erkenntnisse. Diese sollten Sie vom Aussenministerium einholen; nach der Wahl, wenn wir wieder Kapazitäten haben, sind wir dabei gern behilflich.
Mit freundlichen Grüssen
Dietmar Lingemann
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Kurt-Dietmar Lingemann
Wiss. Mitarbeiter MdB Ströbele