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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Ursula N. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ursula N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich beziehe mich auf Ihre Antwort an Herrn Bachem vom 23.12.07. Sicherlich hat auch das Christentum genügend auf dem Kerbholz. Das steht zweifelsohne fest. Nur glaube ich zu erleben, dass Muslime eher streng nach dem Koran leben als Christen nach dem Alten Testament. Wir haben uns nun eher entschlossen, die linke Wange hinzuhalten, wenn man uns auf die rechte schlägt.

Des Weiteren stelle ich fest, dass die Anhänger des muslimischen Glaubens deutlich schneller beleidigt sind als die anderer Religionen. Wie ist das zu erklären? Warum reagieren Christen im Allgemeinen nicht mit Todesdrohungen und Anzünden von Nationalfahnen, wenn jemand einen Witz über den Papst macht? Warum organisieren Christen keine Demo in Köln, wenn sie sich durch Darstellungen in einem Kriminalfilm diskriminiert fühlen?

In einem weiteren Schritt stelle ich die Frage, ob es sich beim Islam überhaupt um eine reine Religion handelt oder ob dieser nicht eher eine Polit-Religion ist, die offenbar nicht aus dem Mittelalter in die Neuzeit gefunden hat?

Verstehen Sie, dass z. B. ich als zweifache Mutter Angst vor einer Islamisierung der BRD habe? Und die Eroberung der Welt ist das Ziel des Islam. Hierzu können Sie gerne den Koran zu Rate ziehen. Dieser hat im Gegensatz zur Bibel nämlich keine Modernisierung erfahren:

(9:29) Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – (kämpft gegen sie), bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten!

Der Schwertvers ist ein Teilzitat des fünften Verses der neunten Sure des Korans, das in der Übersetzung von Rudi Paret lautet:

„Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo (immer) ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf (wa-q`uduu lahum kulla marsadin)!“

Mit freundlichen Grüßen
Ursula Nurkowski

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Nurkowski.

Die Zitate aus dem Koran kenne ich nicht. Auch Übersetzungen von Rudi Paret sind mir nicht geläufig. Ich kann also auch nicht sagen, ob die Zitate und die Übersetzung richtig sind und in welchem Zusammenhang sie im Koran stehen. Ich kann nur immer wieder betonen, ich bin kein Religions- und auch kein Schriftgelehrter und habe auch nicht vor, es zu werden.

Soweit ist gelesen habe, hat im Islam bisher eine "Aufklärung" nicht stattgefunden. Aber selbst diese Meinung habe ich nicht überprüft. Ich weiß aber, daß auch an vielen Christen die Aufklärung und die Gedanken der Aufklärung ziemlich spurlos verbeigegangen sind und daß diese mit vielen ihren religiös begründeten Ansichten nicht aus dem Mittelalter in die Neuzeit gefunden haben. Denken Sie nur an die vielen Christen nicht nur in den USA, die immer noch der Meinung sind, die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel sei wörtlich zu nehmen und die Evolutionstheorie sei eine Erfindung Satans.

Ich kann nicht sagen, ob mehr Christen oder mehr Muslime ihre Religion ernst nehmen. Ich kenne viele Christen, die sich um die Regeln des Christentums nicht scheren und auch nicht die andere Backe hinhalten. Und ich kenne Muslime, die ich nie mit dem Gesicht Richtung Mekka habe beten sehen und die auch völlig selbstverständlich alkoholische Getränke trinken.

Ob der Islam eine Polit-Religion war und ist und sein muß, will ich abschließend nicht beurteilen. Für viele Muslime scheint das so zu sein. Aber wir kennen auch viele Christen, die das Christentum sehr politisch nehmen und für die das Christentum heute noch auch ein politischer Auftrag ist. Der mächstigste Führer der christlichen Welt hat sich für seinen Befehl im Frühjahr 2003, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak zu beginnen, der inzwischen Zehntausenden von Menschen das Leben gekostet hat, auf einen Auftrag des christlichen Gottes berufen. Also die Unterscheidung in gut und böse ist nicht so einfach.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele