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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Thomas M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Thomas M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ströbele,

vielen Dank für ihre Antwort vom 20.11.2007 auf meine Frage.

Ich freue mich, dass auch Sie den Nutzen eines Taschenmessers kennen. Ich bin auch durchaus mit dem deutschen Waffengesetz zufrieden - schließlich ist die Mitnahme von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen jetzt schon verboten und im Fußballstadion durch das Hausrecht des Betreibers ganz sicher ebenfalls!

Allerdings scheint nicht deutlich geworden zu sein, dass der momentane Entwurf das "Führen" ganz normale Taschenmesser, die feststellbar sind oder traditionelle Klingenformen haben, in vielen Fällen verbieten würde - obwohl der Großteil dieser Messer nicht im geringsten als Waffe konzipiert ist.
Die Einstufung anhand von sehr vagen Merkmalen (u.a. Klingenformen, die sogar auf Ihr Schweizer Messer zutreffen können) oder aufgrund von praktischen Bedienungsgesichtspunkten (Zuklappschutz) ist sehr praxisfern.
Schon fast alle Multitools der Firma "Leatherman" würden als Waffe gelten und mit Führungsverbot belegt werden, weil die kleinen Klingen oft einen Zuklappschutz haben.
Ich darf die Gewerkschaft der Polizei ( http://www.gdp.de/gdp/gdpcms.nsf/id/dp0501/$file/0105_05.pdf zitieren:
"Ebenfalls in diesem Entwurf von Juli 2000 war der Gedanke enthalten, das Führen von Messern in der Öffentlichkeit zu verbieten.
[...]
Ein solches Verbot ist indes in einer praxisgerechten waffenrechtlichen Regelung kaum zu erreichen. Es hätte beispielsweise den arglosen Camper getroffen, der auf dem Zeltplatz mit dem Messer Gemüse für das Abendessen putzt. Auch die Definition, welche Messer überhaupt von einem solchen Verbot des Führens betroffen gewesen wären, bereitete letztlich unlösbare Probleme, weil technisch gesehen ein Bajonett oder Kampfmesser sich nicht wesentlich von einem Steakmesser unterscheidet."

Sind sie tatsächlich der Meinung, dass der Entwurf der Grünen Fraktion inhaltlich nicht verändert werden muss? Wie würden Sie denken, wenn Sie selbst betroffen wären?

Mit freundlichem Gruß
Thomas Müller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller.

Auch Sie bitte ich um Nachsicht, weil ich Ihre Zuschrift wegen Krankheit etwas verspätet beantworte.

Beim Gesetzentwurf der Grünen Bundestagsfraktion geht es doch nicht darum, dem Handwerker, dem Künstler, dem Metzger oder Jäger sein Messer, das er zur Ausübung seines Berufes nutzen will, streitig zu machen. Auch der jugendliche Pfadfinder soll weiter bei seinen Ausflügen ein Messer bei sich führen dürfen. Es geht um Messer und andere gefährliche Gegenstände wie Beile oder Baseballschläger, die offensichtlich zur Bedrohung und Gefährdung anderer Menschen in der Öffentlichkeit oder an anderen ungeeigneten Orten wie Schulen mitgeführt werden. Das muss doch nicht sein. Kriterien, die die Bedrohung und Gefährdung offensichtlich machen, können die Orte sein, wie zum Beispiel bestimmte Veranstaltungen, Versammlungen, Demonstrationen, Schulhöfe oder ganz einfach Treffpunkte für das gewalttätige Austragen von Streitereien. Als Kriterium kommt aber auch in Betracht die besondere Ausgestaltung des Messers oder des anderen Gegenstandes. Bei Messern kann die feststehende Klinge oder das Anschleifen auf beiden Seiten oder einer scharfen Spitze die Gefährlichkeit und die Gebrauchsabsicht als Waffe deutlich machen. Schließlich können auch subjektive Merkmale, wie etwa aggressive Äußerungen mit Hinweisen auf das Messer einerseits oder andererseits das versteckte griffbereite Mitführen im Ärmel, auf die Gebrauchsabsicht als Waffe gegen Menschen hindeuten.

Zutreffend weisen Sie auf das bereits bestehende Verbot des § 42 der Waffengesetzes hin, wonach das Führen von Waffen, wozu nach § 1 WaffG nicht nur Schusswaffen gehören, auf öffentlichen Veranstaltungen untersagt ist. Verstöße gegen das Verbot sind strafbedroht. Zusätzlich enthält das Versammlungsrecht in § 2 Versammlungsgesetz ein solches Verbot zum Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen. Auch dieses ist strafbewehrt. Aber es bleiben Regelungslücken, die ausgefüllt werden sollen, um die Gefährdung von Menschen zu vermindern. Das kann und soll geregelt werden, ohne daß die legitime und häufig auch notwendige private oder berufliche Nutzung von Messern eingeschränkt wird. Der Entwurf der Grünen Fraktion enthält keine abschließende Regelung , sondern die Aufforderung sich über eine solche Gedanken zu machen und Vorschläge vorzulegen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele