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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ursula N. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ursula N. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Ströbele,

ich würde gerne wissen, warum Beamtenpensionen immer noch deutlich höher als die Renten gleich Verdienender in der freien Wirtschaft. Können Sie mit bitte auch erklären, warum Beamte keine Beiträge zu ihrer Altersversorgung leisten, und somit ihre Arbeitgeber auch nicht?

Des Weiteren bitte ich Sie um Auskunft, warum ich mit 2.700,00 Bruttoeinkommen nicht die Möglichkeit habe, meine Renten- und Gesundsheitsvorsorge selber zu wählen, sondern vom Staat zwangsversichert werde und somit gezwungen bin, das marode Sozialwesen weiterhin künstlich zu beatmen. Warum ist dieses Privileg einer eigenen Entscheidung immer noch ausschließlich Freiberuflern und hohen Einkommen vorbehalten?

Vielen Dank und freundliche Grüße
Ursula Nurkowski

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Nurkowski.

Zu Ihrer Zuschrift vom Oktober 2007 konnte eine Antwort nicht festgestellt werden. Der Vollständigkeit halber beantworte ich die beiden Fragen nun noch.

Auch weil es im Grundgesetz steht, haben die Beamten weiterhin Sonderbedingungen für ihre Arbeitsplätze. In Artikel 33 Absatz 3 GG ist nämlich festgelegt, daß das Recht des Offentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist.
Die Gründe, die es mal gab, um willige Staatsdiener zu haben, passen in der heutigen Zeit nicht mehr so richtig. Deshalb habe ich mich schon seit mehr als zwanzig Jahren für die Abschaffung des Berufsbeamtentums ausgesprochen. Damals noch ohne viel Erfolg. Inzwischen hat sich aber schon viel geändert. Damals gab es noch die Auffassung, nicht nur Lokomotivführer sondern auch Briefträger müßten besonders staatsloyale Mitarbeiter und deshalb Beamte sein. Polizisten gar seien gar nicht denkbar ohne den Beamtenstatus. Inzwischen gibt es keine Briefträger und Lokomotivführer mehr, die Beamte sind und auch bei den Polizisten sind immer mehr Angestellte und nicht mehr Beamte und die Welt ist auch in Deutschland nicht im Chaos gelandet. Ich gehe davon aus, daß die Berufsbeamten in den meisten Bereichen eine aussterbende Art von Beschäftigungen sind. Aber solange wird es noch Sonderregelungen für Beamte geben.
Das heißt aber nicht, daß auch Beamte in den Kreis der Beitragszahler für die gesetzlichen Kranken- und Altersversicherung aufgenommen werden könnten. Für die Bürgerversicherung , also die gesetzliche Krankenversicherung, streben Die Grünen und, wenn ich mich recht erinnere, auch die SPD die Einbeziehung der Beamten an. Leider scheint die Forderung nach Einführung der Bürgerversicherung bei den Sozialdemokraten verloren und gar das Wort "Bürgerversicherung" in Vergessenheit geraten zu sein.
Dies wohl deshalb, weil eine Mehrheit für die Bürgerversicherung derzeit nicht in Sicht ist.

Die solidarische gesetzliche Gesundheits- und Alterversicherung sehe ich als Errungenschaft des modernen Sozialstaates an. Für deren Abschaffung ist auch keine Mehrheit in Sicht.
Ich setze mich dafür ein, daß die gesetzliche Krankenversicherung zur Bürgerversicherung weiterentwickelt wird, in die nicht nur die Beamten, sondern alle Berufstätigen, auch die Freiberufler, Beiträge zahlen und die abhängig Beschäftigten, also die Arbeiter und Angestellten, entsprechend der vollen Höhe ihres Einkommens, also ohne Beitragsbemessungsgrenze.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele