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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Joachim P. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Joachim P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Hans- Christian Ströbele,

in der Zeitung "Die Welt" vom 17.10.07 erhalten Sie unter der Rubrik "Kopfnoten" die schlappe Note 5, warum eigentlich nicht 6 oder 7?. Da heißt es weiter "..als ehemalige RAF- Verteidiger hütet Ströbele natürlich die Rechte der Täter. Er will lieber vom Staat wissen, was doch längst bekannt ist, nämlich wie die in Stammheim inhaftierten RAF- Terroristen.....zu Tode gekommen sind". Das "natürlich" klingt an dieser Stelle so gewollt unnatürlich. Unterschlägt "Die Welt" da nicht ein wichtiges Detail, nämlich Ihre Forderung, die damals von "unbekannter Amtsweg Seite" dokumentiert vorgenommene, in diesen Tagen gerade eingeräumte, legale gar illegale Abhörpraxis gegenüber den inhaftierten RAF- Mitglieder in ihren Zellen, beim "Freigang" in den Vorräumen, Fluren endlich pflichtgemäß umfassend offen zu legen? Ist das nicht auch im Namen der Rechtspflege geboten, um schuldhafte Verstrickungen von amtswegen, sei es unterlassene Hilfeleistung für suizidal gefährdete Häftlinge in der Obhut des Staates, aufzuklären, sei es als Beleg von illegaler Sterbebegleitung per Unterlassungen durch den Staatsapparat im vorauseilenden Gehorsam vermeintlicher Staatsräson?

Mit freundlichem Gruß
Joachim Petrick

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Petrick.

Die Kopfnote der Welt ist nicht geeignet, mich nicht ins Grübeln zu bringen, zumal ich diese Zeitung nicht regelmäßig lese, weil sie seit 1961 nicht mehr zu meinen bevorzugten politischen Informationsquellen gehört.
In der Sache halte ich an meiner Auffassung fest, daß die Abhörmaßnahmen in den Jahren 1975 bis 1977 im 7. Stock im Gefängnis in Stuttgart-Stammheim, in dem auch die Gefangenen aus der RAF untergebracht waren, aufgeklärt werden müssen.
Im Frühjahr 1977 hatten Justiz- und Innenminister in Stuttgart öffentlich eingeräumt, daß Anwaltsgespräche der Gefangenen mit ihren Verteidigern in diesem Zellentrakt abgehört worden sind. Angeklagte und Verteidiger haben daraufhin im RAF-Prozeß gegen Baader, Enßlin, Raspe den Gerichtssaal verlassen, weil ein fairer Prozeß nicht mehr möglich war. Sie sind nicht wieder in den Gerichtssaal zurückgekehrt. Die Verteidiger, unter ihnen Rechtsanwalt Schily, haben ihre Schlußplädoyers in einem Hotel gehalten.
Bis heute ist nicht geklärt, wer wann welche Zellen wie abgehört hat.
War es die Landespolizei oder das Bundeskriminalamt, waren Geheimdienste beteiligt, wurden Abhörmikrophone eingebaut oder vorhandene Anlagen genutzt, wer hatte wann und wie lange unkontrollierten Zutritt zum 7. Stock des Gefängnisses und wo sind die Abhörergebnisse geblieben. Das damalige Wachpersonal des Gefängnisses gibt an, von Abhören nichts gemerkt und nichts gewußt zu haben. Der frühere Bundesinnenminister Baum, der Ende 1977 ins Amt kam, erzählt, er habe sich damals bemüht, Näheres über die Abhöraktionen und den Verbleib der Bänder oder der Protokolle zu erfahren - aber vergebens. Immerhin der zuständige Bundesminister hatte Interesse. Alles Gründe, Aufklärung zu verlangen. Anders offenbar die Welt.
Die Aust-Dokumentationen in der ARD vor einigen Wochen hat einige neue Erkenntnisse über die Abhöraktionen und auch Theorien gebracht, wie es gewesen sein könnte, aber mangels Akten und Unterstützung nicht die volle Aufklärung.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele