Frage an Hans-Christian Ströbele von Roberto G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
1. Wie ist es zu erklären das Deutschland laut den Vereinten Nationen zwar immernoch als Feindstaat vertraglich deklariert wird und dennoch der drittgrößte Beitragszahler dessen ist? Ich als einfacher Bürger empfinde es als Zumutung einen Verein zu bezahlen, der ein heute noch als Feind bezeichnet.
Warum drängt Deutschland nicht auf Beseitigung dieses Widerspruches?
2. Wann erhält Deutschland endlich einen Friedensvertrag, wann also endet der Waffenstillstand zwischen Deutschland und den Alliierten?
Auch wenn beide Fragen auf dem Papier stehen und derzeit kaum Anwendung finden, sollte man die Verträge korrigieren, wenn wir schon zu den größen Beitragszahlern der Weltorganisationen gehören.
Wie sehen Sie das Herr Stroebele?
Sehr geehrter Herr Gatelli.
Zur Beantwortung Ihrer Frage habe ich die Auffassung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages eingeholt.
Dessen Stellungnahme liegt mir vor.
Danach ist herrschender Auffassung, daß Deutschland mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 in Moskau einen "Friedensvertrag" abgeschlossen hat.
Vertragspartner waren die Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und die USA, also die Siegermächte des 2. Weltkrieges.
Zwar trägt dieser Vertrag nicht die Überschrift "Friedensvertrag", sondern "Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland", aber in Art. 7 Absatz 1 des Vertrages beenden die vier Siegermächte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Das vereinte Deutschland hat gemäß § 7 Absatz 2 volle Souveränität über seiner inneren und äußeren Angelegenheiten. Der Vertrag trat am 15. März 1991 in Kraft.
Die Rechtsliteratur schließt daraus, daß es sich bei dem Vertrag nicht um eine Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne handelt. Dieser ersetze einen solchen aber.
Zu den den Autoren, die dies so geschrieben haben, gehören Stern, Brand und Kilian.
Das Landgericht Bonn vertritt in einer Entscheidung vom 5.11. 1997 ebenfalls die Ansicht, der Vertrag sei in seiner Wirkung als Ersatz-Friedensvertrag zu sehen.
Danach scheint die Aushandlung eines neuen "Friedensvertrages" entbehrlich.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele