Frage an Hans-Christian Ströbele von Dennis H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
wie ich gerade gesehen habe, haben Sie bei der Abstimmung zur Verlängerung des Libanon-Mandates der Marine mit Nein gestimmt. Dazu habe ich folgende Fragen an Sie:
- Welche Gründe waren für Sie ausschlaggebend, im Gegensatz zur Mehrheit Ihrer Fraktion mit Nein zu stimmen?
- Sie haben in der Vergangenheit in derlei Abstimmungen ja schons ehr häufig mit Nein gestimmt. Können Sie sich überhaupt Situationen vorstellen, in denen Sie einem Bundeswehreinsatz zustimmen?
- Gab es um die Verlängerung des Libanon-Mandats eine ähnliche Parteitagsdebatte wie zum Afghanistan-Mandat?
- Wenn ja, wie lautete der Parteitagsbeschluss?
- Sehen Sie sich generell an Parteitagsbeschlusse direkt gebunden und würden Sie sich einem Parteitagsbeschluss "beugen" und gegen ihrer persönlichen Überzeugung stimmen?
Ich freue mich auf ihre Antworten,
Dennis Heinert
Sehr geehrter Herr Heinert.
Wie schon im vergangenen Jahr habe ich auch jetzt bei der Entscheidung über die Verlängerung gegen den Einsatz der Bundeswehr vor der Küste des Libanon gestimmt. Der Grund dafür war und ist, daß im Rahmen dieses Einsatzes eine militärische Konfrontation mit israelischem Militär nicht ausgeschlossen ist. In dieser Befürchtung sehe ich mich durch die Zwischenfälle zu Beginn des Einsatzes im vergangenen Jahr bestätigt. Die Bundesregierung hatte eine solche Konfrontation sicher ausgeschlossen, aber es kam dann fast doch dazu.
Richtig ist, daß ich stets gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland gestimmt habe. Anderen Einsätzen wie z.B. den Unterstützungseinsätzen für die afrikanischen Truppen mit UN-Mandat im Sudan und für die UN-Truppen in Bunia in der Demokratischen Republik Kongo habe ich zugestimmt.
Eine ähnliche Debatte bei den Grünen oder auf einem grünen Parteitag wie zum Afghanistan-Einsatz gab es zum Libanon-Einsatz nicht. Somit gibt es auch keinen Parteitagsbeschluß zum Libanon-Einsatz. Parteitagsbeschlüsse sind wichtig, weil sie die Auffassung der Partei wiedergeben, in der ich Politik mache. Sie sind deshalb bei der eigenen Entscheidungsfindung zu berücksichtigen und zwar als ein sehr wesentliches Argument. Allerdings bleibt es letztlich eine Gewissensentscheidung, wie die Abgeordneten in Fragen von Krieg und Frieden und anderen wesentlichen Fragen im Bundestag entscheiden. Da halte ich es mit dem Grundgesetz. Eine direkte Bindung kann es deshalb nicht geben. Auch im Beschluß des grünen Parteitages in Göttingen wird nichts anderes verlangt.
Übrigens habe ich bei meinen Entscheidungen über den Einsatz der Bundeswehr im Ausland, die nicht mit denen der Mehrheit der Fraktion konform gingen, im Zeitpunkt der Abstimmung meist die Beschlußlage von Partei und Parteitagen auf meiner Seite gehabt. Das war bei der Ablehnung des Krieges gegen Serbien der Fall und auch bei dem Nein zum Afghanistan-Einsatz im Jahr 2001. Die Parteitage, die sich mit diesen Bundeswehreinsätzen befaßten, fanden nach den Entscheidungen im Bundestag statt.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele