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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Stefan K. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Stefan K. bezüglich Kultur

Herr Stöbele.
Ich habe ganz viele Fragen, die ich verschmitzt lächelnd unter dem Begriff "Kultur" zusammenfassen möchte.
Wie ich den Medien entnahm, wehren Sie sich gegen den Bau eines gewissen amerikanischen Fastfoodrestaurants in Kreuzberg.
1. Wie wollen Sie dagegen vorgehen? Gilt die grundrechtlich verbirefte Berufsfreiheit Ihrer Meinung nach nicht für die Betreiber des Mc- Donalds-Restaurants? Würde das nicht der Schaffung eines Gesinnungsverwaltungsrechts Tür und Tor öffnen?
2. Sie argumentieren, das Restaurant passe nicht in das Umfeld. Wie kommen Sie darauf? Was ermächtigt Sie, für ganz Kreuzberg zu sprechen? Spielt es für die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit eine Rolle, ob die Mehrheit der Menschen ein Restaurant gut findet?
3. Mit Recht kann man anführen, dass mit dem Verzehr von Fastfoodprodukten kein Beitrag zu einer gesunden Ernährung geleistet wird. Sie als Ernährungsexperte können mir sicher erklären, warum ein Döner für 99 cent gesünder ist als ein Big mac, oder?
Für die Beantwortung all meiner fragen bedanke ich mich im Vorraus.

Koslowski

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Koslowski.

Die Geschichte ist ein wenig anders gelaufen: Ich wurde von Personen in meinem Wahlkreis angesprochen mit dem Hinweis, in Kreuzberg im Wrangel-Kiez sei eine Filiale von Mac Donalds im Bau und es habe sich einer Bürgerinitiaive gebildet, die die Ansiedlung dieses Fast-Food-Restaurants verhindern wolle. Ich solle doch die Initiative unterstützen, wurde verlangt. Ich habe mich daraufhin über die Gründe, für die Ablehnung dieser Filiale angeführt wurden, informiert und, weil mich diese Gründe überzeugten, Hilfe zugesagt. In Presseinterviews habe ich den Protest der Bürgerinitiative unterstützt und angekündigt, ein Gespräch mit den Verantwortlichen der Firma Mac Donalds zu führen, um diesen die Gründe vorzutragen, die gegen die Filiale an diesem Ort sprechen. Ein für mich wesentlicher Grund war und ist, daß sich direkt gegenüber der im Bau befindlichen Filiale auf der anderen Straßenseite ein großes Oberstufenzentrum befindet, das von mehreren tausend Berufsschülerinnen und Schülern besucht wird, und daß die Filiale im räumlichen Einzugsbereich von vier weiteren Schulen liegt. Gerade junge Menschen unterliegen leichter der Werbung und der Versuchung vor, nach und während des Unterrichts zu dem Fast-Food anstelle des Butterbrotes von zu Hause oder des in der Schulkantine angebotenen gesünderen Essens zu greifen.

Inzwischen hat auch ein Treffen mit Vertretern der Firma stattgefunden, an dem auch eine Vertreterin der Bürgerinitiative teilgenommen hat. Die Auffassungen wurden ausgetauscht, ein einverständliches Ergebnis nicht erzielt.

Die Diskussion ist weitergegangen. Eine geplante Protestbesetzung des Baugeländes wurde von der Polizei verhindert. Die Bauarbeiten gehen weiter. Auch für Mac Donalds gilt die Berufs- und Gewerbefreiheit, aber es gilt auch die Meinung- und Meinungskundgabefreiheit der Anwohnerinnen und Anwohner und anderen aus der Bevölkerung, die die Filiale an diesem Ort nicht haben und diese Auffassung äußern wollen. Kritik und Protest haben nichts mit Verwaltungsrecht zu tun, sondern sind Teil einer politischen Auseinandersetzung. Soweit ich weiß, ist die Einschaltung der Bezirksverwaltung nicht geplant und eine Anrufung des Verwaltungsgerichts unsicher.

Nichts ermächtigt mich dazu, für ganz Kreuzberg zu sprechen. Das tue ich auch nicht. Ich spreche auch nicht für die Bürgerinitiative. Wie die Mehrheit der Bevölkerung im Kiez dieses geplante Restaurant findet, ist mir nicht bekannt, allerdings auch nicht, daß sich Bürgerinnen und Bürger zur Unterstützng dieses Planes zu Wort gemeldet haben. Ob Döner oder Big macs die gesündere oder ungesündere Speise sind, kann ich nicht beurteilen, weil ich in der Regel keine Fleischprodukte esse. Aber ich vermute, daß beide nicht besonders gesundes Essen sind. Nur handelt es sich beim Döner um eine tradionell Speise in Berlin-Kreuzberg.

Der Döner ist hier seit Jahrzehnten zu Hause. Den Döner aus Kreuzberg zu verbannen, wäre vergleichbar einer Verbannung von Leberkäs oder Weißwurst aus München. Das will niemand. Auch ich nicht. Etwas anderes ist es, eine weitere ungesunde Speise mit viel Werbung und Verführung im Stadtteil zu etablieren.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele