Frage an Hans-Christian Ströbele von Britta S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Ströbele!
Schockiert habe ich heute zur Kenntnis genommen, daß durch die geplante Erbschaftssteuerreform eine Gruppe von Menschen, die bereits jetzt massive Nachteile im Steuerrecht hinnehmen muß, noch weiter benachteiligt werden soll, nämlich die vielen gleichgeschlechtlichen Paare. Wie ja bekannt ist, übernehmen eingetragene Lebenspartner alle Pflichten, die auch Eheleute füreinander übernehmen, und entlasten so finanziell massiv das Sozialsystem und die Allgemeinheit. Doch wenn es um den finanziellen Ausgleich dafür geht, der für Eheleute selbstverständlich ist, gelten Lebenspartner als Fremde.
So weit, so bekannt. Nun ist es so, daß durch die Änderung der Erbschaftssteuer gleichgeschlechtliche Paare NOCH WEITER benachteiligt werden sollen als sowieso schon der Fall.
Während für Eheleute - als Ausgleich für die Höherbewertung von Immobilien - die Freibeträge angehoben werden sollen, bleibt es für Lebenspartner bei dem Freibetrag von 5200 Euro. Dies bedeutet faktisch, daß Lebenspartner nun noch einmal schlechter gestellt werden als sowieso schon, daß die Wahrscheinlichkeit NOCH höher ist, daß der überlebende Partner die gemeinsame Wohnung verkaufen muß und zusätzlich zu seinem Verlust aus den eigenen vier Wänden gezwungen wird, nur um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können.
Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit. Mich als lesbische Frau macht dies traurig, wütend, bitter,...
Ich möchte fragen, was die Partei der Grünen unternehmen wird, um sich dafür einzusetzen, daß die sowieso schon bestehende Ungerechtigkeit nicht noch weiter verschärft, sondern aufgehoben wird?
Ich weiß, daß Ihre Partei sich immer wieder für die Belange von lesbischen und schwulen Menschen eingesetzt hat. Dafür bin ich, wie viele andere Ihrer Wähler, Ihnen dankbar. Ich hoffe, daß Sie uns auch in diesem - für viele ältere Menschen sehr existentiellen Problem - nicht im Stich lassen.
Liebe Frau Schmidt,
Herr Ströbele ist noch im Urlaub, er hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Sie haben vollkommen Recht; ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dieses Thema hier angeschnitten haben.
Infolge des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 7.11.2006 (1 BvL 10/2, veröffentlicht am 31.01.2007) zur Erbschaftsteuer wird es im Herbst 2007 eine Novellierung des Bewertungs- und des Erbschaftsteuergesetzes geben. Nach dem Bundesverfassungerichtsurteil müssen alle Vermögensarten zum Verkehrswert in die Bemessungsgrundlage eingehen. Deshalb wird es zu einer Erbschaftsteuererhöhung kommen, wenn nicht die Freibeträge angehoben werden.
Für Lebenspartnerschaften gelten bislang immer noch nicht die Erbschaftsteuerfreibeträge von Verheirateten, diese werden daher negativ betroffen - eine offensichtliche Ungerechtigkeit.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich immer wieder für eine Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften eingesetzt, so auch im Antrag zur Erbschaftsteuerreform im Herbst 2006. Wir werden im Herbst 2007 im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Erbschaftsteuerreform diese Forderung erneut stellen (vgl. grüner Antrag Drucksache 16/2076, 29.06.2006, S. 3). Dabei wird es hilfreich sein, wenn außer uns auch Stimmen in der Zivilgesellschaft auf diese Problematik aufmerksam machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Lingemann