Frage an Hans-Christian Ströbele von René K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Herr Ströbele,
ich zitiere jetzt von dpa und frage: Wann ist es endlich genug? Ich war selbst Soldat. Ich war Fremdenlegionär. Werden Sie und Ihre Kollegen endlich mal wach und merken, dass man Gewalt nicht mit Gewalt erwidern kann? Was macht die Bundeswehr in Afghanistan? Ist da irgendwas passiert? - ausser das bei Beschüssen der USA Zivilisten getötet wurden? Wo sind denn die angeblichen "Terroristen" ????? Warum zieht der Bundestag die Truppen dort nicht ab? Oder hat uns Afghanistan etwa den Krieg erklärt?
ZITAT: (DPA)
Kabul/Berlin/Seoul (dpa) - Die deutsche Geisel in Afghanistan ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa am Leben und wohlauf. Dem Bauingenieur gehe es weiterhin gut, erfuhr die dpa am Sonntag aus gut informierten Kreisen.
Die Leiche seines während der Geiselnahme ums Leben gekommenen Kollegen weist nach Informationen der «Bild am Sonntag» («BamS») Schusswunden in beiden Knien und im Rücken auf. Im Fall der verschleppten Südkoreaner schloss die Regierung in Kabul einen Militäreinsatz als letztes Mittel zur Befreiung der Geiseln nicht aus.
Dem 44 Jahre alten deutschen Bauingenieur sei zunächst in die Knie und dann in den Rücken geschossen worden, schreibt die «Bild am Sonntag» unter Berufung auf Sicherheitskreise. Dies lasse einen furchtbaren Tod erahnen, da es keinen Sinn mache, einem bereits toten Menschen in die Knie zu schießen, zitiert das Blatt einen ungenannten Spitzenbeamten.
Sehr geehrter Herr Krone.
Ihren Ärger kann ich verstehen. Auch ich bin der Meinung, daß es in Afghanistan so nicht weitergehen kann. Das sage ich auch laut und öffentlic und auch im Bundestag, wenn ich dort zu Wort komme. Deshalb habe ich im letzten Jahr im Bundestag in allen Abstimmungen gegen die Einsätze der Bundeswehr in Afghanistan gestimmt. Anläßlich der Entscheidung über den Einsatz der Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr habe ich eine Erklärung zu Protokoll gegeben, die Sie auf meiner homepage nachlesen können. Inzwischen hat sich bestätigt, daß die offensive Kriegführung der US-Streitkräfte und der Natotruppen mit immer neuen Opfern gerade auch unter der Zivilbevölkerung nicht mehr Sicherheit bringt, sondern mehr Haß, Gewalt und Unsicherheit im ganzen Land. Die Situation ist in den letzten Jahren und in den vergangenen Monaten ständig schlechter geworden. Gründe genug, so nicht weiterzumachen. Entsetzt nehme ich die Reden und Interviews nicht nur von Generalen, sondern auch fast der der ganzen SPD-Spitze zur Kenntnis, die aus der verfahrenen Lage den Schluß ziehen, es müssen mehr Soldaten auch Soldaten aus Deutschland in Afghanistan eingesetzt werden. Als wenn solche Erhöhungen der Truppenstärke eine friedliche Lösung bringen könnten. Die Sowjetunion hatte zum Schluß mehrere hunderttausend Soldaten in Afghanistan im Einsatz, bevor Sie nach ungeheueren Verlusten an Menschenleben einsehen mußte, daß sie militärisch gescheitert war, und den Rückzug angetreten hatte.
Sie haben auch recht, wenn Sie diesen Krieg als Einsatz gegen die Terroristen, jedenfalls gegen die Verantwortlichen für die Anschläge in den USA am 11.9. 2001 nicht gerechtfertigt sehen. Im UN-Beschluß vom Herbst 2001 steht, daß der Einsatz von Gewalt in Afghanistan zulässig ist, um die Verantwortlichen für diese Anschläge der Gerechtigkeit zuzuführen ("bring to justice"). Die Natoeinsätze heute gehen weit über diesen Auftrag hinaus. Sie entbehren damit der völkerrechtlichen Legitimation. Nicht nur die US-Truppen, sondern mehr und mehr auch die der Nato aus den anderen Staaten werden in Afghanistan als Besatzer gesehen, die eine korrupte Regierung mit militärischer Gewalt an der Macht halten.
Deshalb setze ich mich dafür ein, daß der Bundestag in diesem Herbst nicht einfach wieder die Verlängerung der Bundeswehrmandate beschließt, sondern einen radikalen Strategiewechsel und sofortige Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Ziel, einen möglichst baldigen Abzug aller ausländischer Truppen aus diesem Land verantwortbar zu machen. Die Frage einer Exitstrategie darf nicht tabuisiert werden. Sonst stehen wir jedes Jahr aufs Neue immer rat- und hilfloser vor einer weiteren Verschlechterung der Situation bis irgendwann der Rückzug vollends unvermeidbar ist. Bis dahin werden aber unendlich viele weitere Menschen in dem Krieg sterben und verletzt werden sowie Ihr Haus und ihre Existenz verlieren.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele