Frage an Hans-Christian Ströbele von Thomas R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Ströbele.
Mir geht seit einigen Tagen die Frage durch den Kopf, ob es nicht langsam an der Zeit ist, dass sich die Staaten dieser Welt Gedanken darüber machen, inwieweit auch eine "Produktion" von Sauerstoff ein Wert ist, der von uns allen als ein wichtiger Faktor unseres Lebens auf der Erde verstanden werden sollte und ob (in Hinblick auf die Situation in den Ländern, in denen es noch Regenwald gibt) nicht auch dafür quasi bezahlt werden müsste, damit nicht noch mehr von unserer wertvollen Umwelt zerstört werden muss, um Rinder grasen zu lassen oder Landwirtschaft zu betreiben. Ist sowas schonmal angedacht worden und überhaupt als realistisch anzusehen?
Ich danke Ihnen schon man für die Antwort und wünsche Ihnen einen schönen Tag!
T. Rheker
Sehr geehrter Herr Rheker,
vielen Dank, dass Sie mit Ihrer Frage ein wichtiges Thema angesprochen haben.
Herr Ströbele ist durchaus Ihrer Meinung, er hat mich aber gebeten, etwas genauer zu antworten.
Es liegt klar in der Logik des Klimaschutzes, die von Ihnen genannten Anreize z.B. durch entsprechende Zertifikate zu setzen. Tatsächlich sind im Vorfeld von Kyoto entsprechende Mechanismen diskutiert worden. Im Protokoll selbst ist dies auf verschiedene Weisen adressiert worden: - über die generelle Anrechnung eines Teils der eigenen Wälder in die jeweilige nationale Treibhausgasbilanz (führt dadurch natürlich zu einer Verringerung der nötigen Emissionssenkungen). Deutschland hat davon bisher keinen Gebrauch gemacht, dies soll sich aber nun ändern. - über die Einbeziehung sog. Senkenprojekte zur Einhaltung der nationalen Klimaziele: dazu gehören Forstprojekte, Aufforstungsprojekte, bestimmte Projekte zur Bewirtschaftung von Ackerland, Grünland oder Ödland.
Nicht aufgenommen wurde aber leider die von Ihnen angesprochene Nicht-Zerstörung der Regenwälder, also quasi eine Belohnung für unterlassene Umweltzerstörung.
Da die Entwaldung aber ein erheblicher Faktor bei der Zerstörung des Weltklimas ist, kommt mehr und mehr die Diskussion auf, wie dies in geeigneter Weise einzubeziehen ist. Auf der letzten UN-Klimakonferenz gab es hierzu einen Vorstoß von Papua-Neuguinea und anderen Entwicklungsländern.
Wie eingangs gesagt, wir halten dieses Thema für sehr wichtig; eine Klärung der technischen Frage, wie ein entsprechendes Instrument aussehen könnte, ist allerdings bei den Fachleuten noch nicht erfolgt. Damit muss ich auch Ihre Frage, wie "realistisch" die Einführung eines entsprechenden Instrumentes sei, etwas ausweichend beantworten: Kyoto reguliert (vorhandene) Umweltzerstörung. Was Sie zu Recht vorschlagen und was als notwendig erkannt werden muss, ist ein Präventionsmechanismus, gekoppelt an eine Umverteilungsidee. Ich hoffe sehr, dass diese realistisch ist - denn sonst wird das Überleben einer ökologisch lebenswerten Welt sehr bald unrealistisch.
Ich will aber abschließend nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass auch jenseits des Kyoto-Prozesses auf der Ebene der "normalen" Entwicklungszusammenarbeit für den Schutz der Regenwälder sehr viel getan wird, wenn auch z.T. mit anderen Zielsetzungen als die Stabilisierung des Weltklimas.
Mit freundlichen Grüssen
Dietmar Lingemann