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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Nikolai Z. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Nikolai Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Lieber Herr Ströbele,

Ich weiß, dass die Mühlen im Alltagsgeschäft langsam mahlen und im Bundestag ganz andere (wichtige) Dinge debattiert werden.....

Trotzdem meine Frage:

Inwiefern haben Sie eigentlich Einfluss in der Frage der Integration von MigrantInnen (bzw. deren Familien) ? Gibt es bei Ihnen konkrete Initiativen für Kreuzberg (u.ä. Bezirke), die Sie im Bundestag einbringen können?

Ich (als Ihr Wähler) wünsche Ihnen für Ihre Arbeit im Bundestag weiterhin viel Motivation!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Zinke.

Lang haben Sie auf eine Antwort gewartet und vermutlich schon gar keine mehr erwartet. Aber im Zuge der Aufarbeitung der zahlreichen liegengebliebenen mails bin ich jetzt in der Sommerpause des Parlaments im Dezember angelangt auch bei Ihrer Zuschrift.

Integration ist für die Grünen eine Querschnittsaufgabe. Das heißt, letztlich muss in allen Politikbereichen, auf allen politischen Ebenen und in allen Institutionen Integration Thema sein. Ob Bildung oder Arbeitsmarkt, Kultur oder Verwaltung - kein Bereich darf außen vor bleiben, soll Integration gelingen.

Als Bundestagsabgeordneter kann ich versuchen, Einfluss zu nehmen nicht nur auf Vorgaben zur besseren Integration auf Bundesebene durch die Teilnahme an Gesetzesberatungen und Abstimmungen darüber, sondern auch auf der bezirklichen Ebene etwa durch Ratschläge, Schaffung von Gesprächsverbindungen oder Förderung von Projekten. Das tue ich auch, so jüngst bei der Abstimmung gegen die Verschärfung des Zuwanderungsrechts, eine Gesetzesänderung, die meines Erachtens der Integration nicht förderlich ist. Ich habe deshalb mit Nein votiert.

Ich beschäftige mich allerdings auch vor Ort, sprich in Berlin und meinen Wahlkreis, mit integrationspolitischen Themen. Gerade weil insbesondere der Stadtteil Kreuzberg einen hohen Anteil an MigrantInnen hat, gibt es hier z.T. langjährige Erfahrungen mit den verschiedensten Projekten, Maßnahmen und Initiativen. Ich versuche, deren Arbeit zu unterstützen, bin mitunter dort zu Gast und lerne auf diese Art selber viel. In den Bügersprechstunden sind sehr häufig Migranten unter den Hilfesuchenden. Manchmal helfen meine Tipps oder Fürsprachen, immer wieder leider aber auch nicht.

Die Erfahrungen, die ich bei vielen Besuchen, von Veranstaltungen, Projekten und in Gesprächen mache, fließen natürlich auch in meine parlamentarische Arbeit, die Diskussionen innerhalb meiner Fraktion und mit anderen Parteien ein. So habe ich die Förderungspraxis von Integrationsprojekten durch die Bundesagentur für Arbeit thematisiert, da ich aus dem Wahlkreis entsprechende Hilferufe erhielt und um die gute Arbeit der Betroffenen vor Ort wusste. Oder vor ein paar Wochen war ich auf einer größeren Einweihungsveranstaltung für ein Mehrgenerationenprojekt gerade auch für Migranten in einer Einrichtung im Wrangelkiez in Berlin-Kreuzberg. Dieses Projekt kann durch Finanzierung von der Bundesebene unterstützt werden. Meine Erkenntnisse aus dem Besuch fließen in die Diskussion auf Bundesebene ein. Oder für die bundesweit geführte Islamdiskussion bekomme ich meine Beispiele aus Einzelgesprächen wie dem, daß mich ein Vater aus der Türkei über das Problem seines Sohnes in einer Berliner Fußballmannschaft unterrichtet. Der kleine begeisterte Fußballspieler ist totunglücklich. Der Fußballtrainer verlangt von ihm, er müsse nach Training und Spiel mit den anderen Jungs duschen und zwar ohne Unterhose. Die Unterhose oder das, was drunter ist, ist das Problem. Denn das Duschen mit anderen ganz ohne Hose gestatte seine islamische Religion und seine pubertäre Scham nicht. Der Trainer reagiert mit Strafe und Zwang und will den Jungen vom Training ausschließen. Was tun, fragt der besorgte Vater.

So sind Engagement und Erfahrung der politischen Arbeit in Bund und Wahlkreis durchaus einheitlich als Ganzes zu sehen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele