Frage an Hans-Christian Ströbele von Malte H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Kreuzberg hat was die Integration angeht auch schwieirige Ecken. Es gibt viele Jugendliche mit einem Migrationshintergrund, die nicht gut Deutsch sprechen und sich auch weigern die Sprache richtig zu lernen. Welche Ideen haben Sie, um dieses Problem anzugehen. Wie wollen Sie Integration fördern und fordern?
Sehr geehrter Herr Hagener,
Herr Ströbele dankt Ihnen für Ihre Frage und bat - angesichts vieler weiterer Aufgaben - mich um Beantwortung.
Herr Ströbele stimmt Ihnen zu, daß in Kreuzberg und anderswo angesichts bestehender Defizite und Probleme die Integrationsangebote noch verbessert werden müssen Dabei spielt Sprachkompetenz und deren Förderung eine elementare Rolle. Herr Ströbele hat aus langjähriger Verwurzelung in Kreuzberg allerdings den bestimmten Eindruck, daß gerade die von Ihnen erwähnten Jugendliche mit Migrationshintergrund über bessere deutsche Sprachkenntnisse und Sprachkompetenz insgesamt verfügen als etwa ältere Einwanderer der ersten Generation. Dies wird durch repräsentative Studien - etwa schon die der Friedrich-Ebert-Stiftung 1995 - bestätigt. Dieser differenzierte Befund beruht offensichtlich darauf, daß Jugendliche mehr als die Eltern- und Großelterngeneration von einer offener werdenden deutschen Gesellschaft profitieren konnten und in diese hineinwachsen. Das gilt es weiter auszubauen, gerade auch in Bezug auf ältere ausländische MitbürgerInnen, ohne bei jüngeren nachzulassen.
Hierzu sind Angebote von Sprachkursen, die leider in letzter Zeit aus fiskalischen Gründen verringert wurden, wieder auszubauen. Den Migranten sollte zwar mit Bestimmtheit verdeutllicht werden die Erwartung an sie, hieran teilzunehmen, um sich auf deutsch in unserer Gesellschaft verständigen zu können. Doch von etwaigen Sanktionen für diejenigen, die solche Angebote (noch) nicht wahrnehmen, hält Herr Ströbele nichts. Zwang und Strafen sind nämlich die schlechteste Voraussetzung für Lernerfolge. Vielmehr werden die durch Sprachkompetenz erzielbaren Vorteile für die Menschen selbst auf Dauer ihre Wirkung nicht verfehlen.
Wichtig erscheint Herrn Ströbele zudem gerade angesichts der fortschreitenden Globalisierung, die Zweisprachigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund zu akzeptieren und zu honorieren. Dass in der bildungspolitischen Diskussion die Zweisprachigkeit türkischer Zuwanderer vielfach noch unter einem negativ gewertet wird, hat nichts mit der tatsächlichen Sprachkompetenz der fremdstämmigen Bevölkerung zu tun. Würde es sich etwa bei den mehrsprachigen türkischen Migranten um Menschen aus dem englischen Sprach- und Kulturraum handeln, würde dieses Potential anerkannt, positiv besetzt und entsprechend gefördert.
Die Zweisprachigkeit dieser Migranten gilt es in Zukunft nicht mehr zu entwerten oder sie sogar als Störfaktor zu begreifen, sondern im Interesse der gesamten Gesellschaft zu fördern und zu nutzen.
In einer Erklärung der europäischen Sozialpartner in Florenz schon 1995 heißt es etwa :
"Unternehmen und Organisationen arbeiten heute in einer zunehmend multikulturellen Umgebung mit Kunden, Lieferern und Beschäftigten unterschiedlicher nationaler, ethnischer und kultureller Herkunft. Der Erfolg auf den Märkten hängt mehr und mehr von der Fähigkeit ab, das aus der Vielfalt erwachsene Potential zu maximieren. Wer dies erfolgreich tut, steigert seine Wettbewerbsfähigkeit und ist besser in der Lage, mit Veränderungen erfolgreich fertig zu werden."
Dem stimmt Herr Ströbele zu.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Christian Busold
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Christian Busold
Büro Hans-Christian Ströbele, MdB