Frage an Hans-Christian Ströbele von Stefan G. bezüglich Soziale Sicherung
Lieber Herr Ströbele,
obwohl Sie meine letzte Frage noch nicht beantworten konnten, stelle ich Ihnen heute eine weitere Frage, da mich das Thema schon eine Weile beschäftigt:
Egal wo man heute einkaufen geht, stehen vor dem Eingang zu den Geschäften benachteiligte Bürger, die eine Straßenzeitung verkaufen oder um Spenden bitten; egal mit welcher U- oder S-Bahnlinie man unterwegs ist, ständig trifft man auf Menschen die um Almosen bitten.
Ich bin jetzt 34 Jahre alt und lebe seit mehr als 15 Jahren in einer Großstadt. Meinem Eindruck nach, nimmt die Zahl der Leute, die scheinbar auf Almosen angewiesen sind, immer mehr zu.
Mir stellt sich hier nun also folgende Frage: wie kann es sein, dass in einem Land, das sich wirtschaftlich von einem Rekordjahr zum nächsten hangelt so viele Menschen scheinbar auf der Strecke bleiben? Handelt es sich hierbei um ein rein organisatorisches Problem? Ist vielleicht der Zugang zur staatlichen Hilfe zu kompliziert für viele Menschen?
Uns wurde in der Schule gelehrt, dass das soziale Netz unseres Landes so engmaschig sei, dass niemand hindurch fallen könne. Liegt das Problem also am Netz oder an den Menschen?
Vielen Dank für Ihre Einschätzung.
Ihr besorgter,
aber treuer Anhänger
Stefan Graser
Sehr geehrter Herr Graser.
Sie beobachten richtig. Es werden immer mehr Menschen, die im reichen Deutschland in Elend leben. In den früheren Jahrzehnten waren es weniger. Es liegt am Netz und den Menschen. Das Netz ist zu schwach, weil zu wenig Geld zur Verfügung steht. Die HartzIV-Sätze sind zu niedrig, die Wohnungen zu teuer. Und zu viele Menschen sind den bürokratischen Zwängen und dem scharfen Wind der Wettbewerbsgesellschaft nicht gewachsen und verelenden. Die Gründe und Schicksale sind im Einzelnen sehr unterschiedlich. Reden Sie mit den Leuten, dann wissen Sie mehr. Viele sind durchaus auskunftsfreudig und das Reden über ihr Leben erleichtert sie.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele