Frage an Hans-Christian Ströbele von Marco K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ströbele,
ich habe die Beiträge zur FIfFKon verfolgt.
1) Sie sagen, die bisherigen Befragungen im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss legen nahe, dass der BND Daten am DE-CIX abgegriffen hat und gefiltert an die NSA weitergegeben hat. Es bestehen Zweifel über die Wirksamkeit der Filter. Handelt es sich dabei um die gleichen Daten und Filter, die bisher in den Berichten des PKGr / der G10-Kommission als gesetezeskonform akzeptiert wurden?
2) Herr Nešković hat konkrete Vorschläge, wie die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste verbessert werden kann. Sie sind bereits lange Mitglied im PKGr, mir ist jedoch keine Kritik ihrerseits an den Kontrollmöglichkeiten bekannt. Halten Sie die parlamentarische Kontrolle für ausreichend?
3) Nach der Einschätzung von Herrn Schmidt-Eenboom ist der BND sehr beflissen darin, sich alle seine Tätigkeiten von der Bundesregierung absichern zu lassen. Es spricht viel dafür, dass die Überwachung durch die NSA ab 2001 massiv ausgeweitet wurde --einhergehend damit vielleicht auch die Zulieferung durch den BND. Das fällt in die Zeit der Grünen Regierungsbeteiligung. Macht Sie das befangen, bestimmte Fragen im Untersuchungsausschuss zu meiden?
Beste Grüße,
Marco Keller
Sehr geehrter Herr Keller.
1. Der Frage, welche Daten am Glasfaserknotenpunkt in Frankfurt ausgeleitet und an die NSA weitergeleitet wurden, geht der NSA-Untersuchungsausschuß, dem ich angehöre, derzeit durch Beiziehung und Studium von Akten sowie Zeugenbefragungen intensiv nach. Ein Ergebnis wird erst nach Abschluß der Beweisaufnahme vorliegen. Dazu gehört auch die Antwort auf Ihre Fragen, nach Umfang der Datenmenge und Zuverlässigkeit der Filter.
2. Nein ich halte die Parlamentarische Kontrolle nicht für ausreichend. Ich habe alle Legislaturperioden wieder Vorschläge für bessere und wirksamere Kontrolle gemacht, die zum Teil mit denen des ehemaligen Kollegen Neskovic übereinstimmten. Diese Vorschläge liegen auch schriftlich vor. Dazu gehört mehr Fachpersonal zur Unterstützung der Kontrolleure, öffentliche Sitzungen des PKG und mehr Transparenz der Arbeit der Dienste und des PKG, also weniger Geheimhaltung, und mehr Rechte auch für die Minderheit im PKG.
3. Es trifft zu, daß die Möglichkeiten der Datenbeschaffung der NSA nach den Anschlägen in New York und Washington am 11.9. 2001 erheblich ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit dem BND erweitert wurden. Das war nicht nur der Bundesregierung bekannt, sondern wurde immer wieder auch öffentlich betont. Wichtige Einzelheiten wie schriftliche Vereinbarungen wurden auch vor dem Bundestag geheim gehalten. Die Fachaufsicht für den BND hat und hatte das Kanzleramt bis 2005 der rot/grünen Regierung. Befangen bin ich deshalb nicht. Im Übrigen ist ein Ausschluß der Mitwirkung in Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen wegen der Besorgnis der Befangenheit nicht vorgesehen. Das ist anders als in Gerichtsverfahren. Ansonsten wäre die Mitwirkung vieler Abgeordneter - meist sogar der Mehrheit - des Bundestages in den jeweiligen U-Ausschüssen nicht möglich, denn diese waren vorher Abgeordnete in Koalitionsfraktionen.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele