Frage an Hans-Christian Ströbele von Veit W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ströbele,
in der unlängst ausgestrahlten ARD-Reportage "Mieten rauf, Mieter raus" wird eine Richterin am Landgericht Berlin präsentiert, welche primär mit Mietrechtssachen befasst ist und gleichzeitig in nebenberuflicher Tätigkeit die Vermieterlobby berät, was sich auch in ihren vermieterfreundlichen Urteilen niederschlägt.
Ich finde das hochgradig skandalös und wundere mich, dass so etwas überhaupt zulässig ist, richterliche Unabhängigkeit hin oder her. Wenn das kein glasklarer Fall von Interessenkonflikt und Befangenheit ist, dann weiß ich nicht! Wie lautet Ihre juristische Einschätzung dieses Sachverhaltes?
Mit freundlichen Grüßen
Veit Walter
Sehr geehrter Herr Walter.
Auch die Zivilprozeßordnung enthält Tatbestände, die Richter von der Ausübung des Richteramtes ausschließen. Dazu gehört etwa, wenn der Richter mit einer Prozeßpartei nah verwandt oder verheiratet ist. Ein Ausschlußgrund liegt aber in der von Ihnen geschilderten Konstellation wohl nicht vor.
Aber ein Richter oder eine Richterin kann wegen der Besorgnis der Befangenheit von einer Prozeßpartei abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen deren Unparteilichkeit zu rechtfertigen. So steht es im Gesetz. Ob die Voraussetzung gegeben ist, hängt vom Einzelfall ab, also etwa von deren Äußerungen und oder konkretem Verhalten.
Ich weiß nicht, ob in den von Ihnen angesprochenen Prozessen dies der Fall war, ob ein Ablehnungsgesuch gestellt wurde und wenn nicht warum.
Da ich die Einzelheiten der angesprochenen Fälle nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, ob ein Befangenheitsgesuch erfolgversprechend gewesen wäre.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele