Portrait von Hans-Christian Ströbele
Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Ströbele zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Wilfried M. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ströbele,
ich möchte auf Ihre Antworten vom 19.08.2010 (auf meine Fragen vom Vortag, Link 1) zurück kommen, weil bezüglich des "Office of Special Affairs" in der Zwischenzeit eine ARTE- Fernsehdokumentation ("Das Auge von Scientology") einige neue - m.E. beunruhigende - Aspekte in´s Bewußtsein rückte, die OSA, "einen der ältesten Geheimdienste der Welt" (und zugleich den größten Privatgeheimdienst) betreffen.
So zog der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein - für mich leicht nachvollziehbar - einen Vergleich des OSA mit der nun nicht mehr existenten Stasi (so z.B. ab Min. 0:45, link 2). Interessanterweise verglich er aber nicht z.B. mit der CIA oder einem andern noch aktiven Dienst.
Auch auf die Unterstützung der Clintons sowie die Rolle z.B. der US- Konsulate wurde in der Sendung hingwiesen und auf das - effektiv Scientology nützende- Agieren Sarkozys und bestimmter Spitzenpolitiker hierzulande.

Deswegen möchte ich Sie nun erneut fragen, was noch an der Einschätzung vorbeidenken läßt, beim OSA handele es sich um den Geheimdienst einer - angesichts GG-feindlicher Methoden und Endziele sowie nach territorialen Kriterien - sehr fremden Macht.

Bei der Gelegenheit möchte ich zusätzlich in Erfahrung bringen, ob Sie bei Ihrer Beschäftigung mit Aktivitäten von Personen der Verfassungssschutzämter z.B. auch der Tatsache eingedenk sind, daß z.B. der Gründer der NPD ein IM bzw. Provokationsagent des britischen Auslandsgeheimdienstes MI 6 gewesen ist (Link 3,4).

Könnten verhaltensauffällige "VS-IMs" nebenbei dem MI6 dienen oder einer anderen "Firma"?

Mit frdl. Gruß
Dipl. med. W. Meißner
Deutsches Institut für Totalitarismusabwehr

1) http://www.abgeordnetenwatch.de/hans_christian_stroebele-575-37994--f264182.html#q264182
2) http://www.youtube.com/watch?v=mFcrF3mLwyU
3) http://www.guardian.co.uk/world/2002/aug/13/johnhooper
4) http://www.ksta.de/politik/npd-gruender-war-v-mann-fuer-britischen-geheimdienst,15187246,14463624.html

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Meißner.

Zunächst mal Danke für die Information zum NPD-Mitgründer und früheren NPD-Vorsitzenden Adolf von Thadden. Der Hinweis auf die Meldungen in der Rheinischen Post und im Guardian waren sehr hilfreich. Mir war dessen Arbeit für den britischen Geheimdienst MI 6 nicht sich bekannt. Ich nehme die Information zum Anlaß, bei der Bundesregierung parlamentarisch nachzufragen, was das BfV tatsächlich davon gewußt und ob der V-Mann der Briten auch noch für deutsche Dienste gearbeitet hatte.

Den Beitrag über den Geheimdienst der Scientologen OSA habe ich in den letzten Tagen bei Phönix auch gesehen. Vieles davon war bekannt, aber trotzdem war die Menge an Einzelinformationen beeindruckend und erschreckend.
Gleichwohl bleibt es rechtlich fraglich, ob die Voraussetzungen der Strafbarkeit nach § 99 StGB erfüllt sind. So soll es sich nach der Kommentierung zu dieser Strafvorschrift für die Strafbarkeit um eine Einrichtung im staatlichen Bereich einer fremden Macht handeln müssen. Privatfirmen, die nicht Tarnorganisationen eines staatlichen Geheimdienstes sind, sollen nicht unter die Vorschrift fallen. Aber ich gebe Ihnen Recht, daß die Ziele und Methoden der OSA nicht nur die eines Geheimdienstes einer sehr fremden Macht, sondern auch mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Letztlich müßten zunächst die Staatsanwaltschaften in München, Hamburg oder Berlin entscheiden, ob eine Strafbarkeit nach § 99 StGB vorliegt und schließlich die Gerichte.

Unabhängig davon bleibt selbstverständlich eine mögliche Strafparkeit einzelner Handlungen nach anderen Strafvorschriften wie etwa Nötigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Verstoß gegen Datenschutzvorschriften oder Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Allerdings steht einer strafrechtlichen Verfolgung allerhöchste Protektion aus den USA doch wohl noch mehr entgegen als das Fehlen eines Strafpragraphen. Auch in dem TV-Beitrag wurde auf einzelne solche Verbindungen ja hingewiesen. Und deutsche Justizbehörden tun sich schwer, wenn es um die Verfolgung von Straftaten staatlicher Stellen befreundeter Staaten und Dienste geht. Dies ist den offensichtlichen Verfolgungshemmungen sogar von schwersten Straftaten zu entnehmen, die gegen die deutschen Staatsbürger El Masri und Erdogan oder auf deutschem Boden im Fall Omar vermutlich von der CIA begangen wurden.
Aber auch die Behandlung der OSA durch deutsche Behörden ist eine Parlamentarische Frage an die Bundesregierung wert und danach vielleicht weiterer Aktivitäten.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele