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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Carsten C. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Carsten C. bezüglich Recht

Lieber Hans-Christian Ströbele,

ich habe den Eindruck gerade Opfer der unverstandenen Gesetzesänderung („RAF-Zeit“; 1.Mai 1976 wurde §126 StGB geändert) zu werden.

Von 1871 bis 1976 wurde mit bis zu 1 Jahr Gefängnis bestraft, wer den öffentl. Frieden störte. Ab 1976 genügte den öffentl. Frieden auch nur in Gefahr zu bringen gestört zu werden, aber bis zu 3 Jahren Gefängnis.

Was hat der Gesetzgeber mit der Änderung damals beabsichtigt?

Mir droht 1 Jahr Gefängnis, ohne Bewährung, bei 9.000€ Gerichtskosten, da ich in Berufung ging. Strafe I-Instanz war 8 Monaten auf Bewährung. B.-Auflage 100 Sozialstunden & Psychotherapie.

Ich 50 J. nicht vorbestraft, Harz IV-Empfänger, drei Töchter 25, 15, 3 bin unschuldig und verzweifelt.

Nur weil ich als Zuschauer am Rande eines Mordprozesses zwei Gerichtsreportern von meinem Gesundheitszustand erzählte:

Ein psychiatrisches Gutachten unterstellt mir narzisstische Kränkbarkeit. Mein Erstaunen darüber belege mangelnde Krankheitseinsicht. Der Familienrichter prophezeit, das ich meine Tochter 3J deshalb bei begleitetem Umgang traumatisieren würde weil ich mich mit der Begleiterin streiten werde. Er beschließt 2 Jahre Umgangsauschluss.

Ich fragte die Reporter ironisch, ob ich jetzt gar befürchten muss den Familienrichter umzubringen - aus Kränkung.

Er (44) meinte das sei Spinnerei. Sie (28) empfand es als Drohung und informierte den Pressesprecher/Oberstaatsanwalt, der befahl den Saalwachen, mich anzuweisen die Journalisten nicht zu belästigen.
Der Reporter erzählte dies Tage später einer Justizfrau, die dem Amtsgerichtspräsident; der zeigte mich an. Die Polizei ließ mich unter Vorwand in Psychiatrie zwangseinweisen doch die entließ mich am Folgetag. Dann kam ich 4 Monate in U-Haft zur Begutachtung für §63 StGB.

Staatsanwalt sieht Morddrohung in Öffentlichkeit gegenüber Presse = §126 StGB.

Meine Anwältin ist ratlos. Was kann ich tun?

Soll die obige Gesetzesänderung verhindern, dass Bürger mit Journalisten reden?

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Corte.

Sie erwarten von mir, daß ich einen Strafvorwurf und das Urteil eines Strafprozesses beurteile, an dem ich nicht teilgenommen habe und zu dem ich die Akten insbesondere die Urteilsgründe nicht kenne. Das aber ist verantwortbar und seriös nicht möglich. Es kommt auf den genauen Wortlaut ihrer Äußerung gegenüber den Reportern und die gesamten Situation der Äußerung an, die das Gericht in der Beweisaufnahme festgestellt hat. Handelte es sich tatsächlich um die, Ankündigung einer schweren Straftat (hier wohl eines Mordes an dem Richter ), die zumindest den Eindruck erwecken konnte, daß sie ernst gemein war oder war die Ironie oder sonst, daß die Äußerung nicht ernst gemeint war, zu erkennen? Und war die Äußerung gegenüber den Reportern nach allen Umständen tatsächlich geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören?
Beides scheint nach Ihrer Schilderung der Äußerung und der Umstände fraglich.

Die Gesetzesänderung erfolgte seinerzeit vermutlich, weil eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Friedens in der Regel schwer nachweisbar ist und wohl auch, weil bereits die Eignung als Störung des Friedens als bedrohlich und strafwürdig angesehen wurde.

Mit freundlichem Gruß

Ströbele