Frage an Hans-Christian Ströbele von Peter J. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Ströbele,
was halten Sie von dem Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Bestandsdatenabfrage der im Jahr 2013 zur Abstimmung kommen soll?
In mehreren Punkten halten ich den Gesetzentwurf für verfassungswidrig:
1. Es fehlt bereits die verfassungsrechtlich gebotene abschließende Bestimmung, welche Vorschriften einen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen (einfachgesetzliches Zitiergebot).
2. Es fehlt die verfassungsrechtlich geforderte Beschränkung des Datenzugriffs auf Einzelfälle.
3. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sollen Zugriffe auf Kommunikationsdaten durch Polizeibehörden nicht beschränkt werden auf Fälle konkreter Gefahr oder des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern selbst zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen werden.
4. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern durch Geheimdienste keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen.
5. Es ist unklar und nicht kontrollierbar, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugriffscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.
6. Es fehlt die verfassungsrechtlich gebotene Benachrichtigung von Internetnutzern, deren Identität ermittelt worden ist. Der Bund will Anbietern sogar verbieten, ihre Kunden freiwillig zu benachrichtigen, selbst wo die Länder Stillschweigen nicht anordnen (z.B. bei Suizidgefahr oder Vermissten).
Meine Position ist: Der Staat darf auf Kommunikationsdaten allenfalls mit richterlicher Anordnung und zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für wichtige Rechtsgüter zugreifen. Einen Zugriff durch Geheimdienste lehnen wir in jedem Fall ab, ebenso wie die Herausgabe von Zugriffscodes wie PINs und Passwörtern.
Mit freundlichen Grüßen
P. Jaekel
Sehr geehrter Herr Jaekel,
Ihr offenbar fundiertes Interesse an diesem wichtigen Gesetzesvorhaben begrüße ich.
Ihre Position und die aufgeführten Kritikpunkte teile ich weitgehend.
Sie wurden ja auch bei der Beratung im Bundesrat durch einzelne Länder (etwa im Antrag der rotgrünen Landesregierung Schleswig-Holsteins) und durch Verbände wie die Neue Richtervereinigung vorgetragen wurden:
http://www.computerundrecht.de/29116.htm
http://www.bundesrat.de/cln_236/sid_8C2825D501E6EDCFA6D6264D24C7B9B6/SharedDocs/Drucksachen/2012/0601-700/664-3-12,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/664-3-12.pdf
Ich setze mich dafür ein, dass diesen Bedenken in der anstehenden Beratung des Gesetzentwurfs im Bundestag noch durch Änderungen des Entwurfs entsprochen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ströbele