Frage an Hans-Christian Ströbele von Mirko O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Stroebele,
wie stehen Sie zu der Verfahrensweise der Koalition, ein Gesetz im Eiltempo und ohne Debatte im Bundestag abnicken zu lassen? Ein Gesetz, das massiv in Grund- und Menschenrechte eingreift? Ein Gesetz, dessen Inhalt und Ausrichtung maßgeblich aufgrund von nur einem finanzkräftigen Interessensverband gestaltet wurde, der für seine Nähe zur pharmazeutischen Industrie bekannt ist? Ohne andere Verbände anzuhören? Ohne den Abgeordneten die Zeit und die Möglichkeit zu geben, sich zu angemessen über die Thematik zu informieren?
Ich stelle diese Fragen, weil ich empört bin über die Vorgehensweise, mit der das Gesetz zur medizinischen Zwangsbehandlung unter Betreuung im Eilverfahren durch den Bundestag gejagt werden soll.
"In der Bundesrepublik Deutschland wurden über Jahrzehnte Menschen ohne eine geeignete Rechtsgrundlage medizinisch zwangsbehandelt. Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf zur Schaffung einer solchen Rechtsgrundlage enthält erhebliche Schwachpunkte und lässt zahlreiche rechtlich und tatsächlich hochkomplexe Fragen offen. Näherer Diskussion bedürften insbesondere folgende Punkte: Braucht es aus medizinischer Sicht überhaupt die Möglichkeit, Menschen zwangszubehandeln? (Dafür gibt es in der Bundesrepublik keine Belege und Studien aus den USA legen das Gegenteil nahe.) Ist aus rechtlicher Sicht dieser Bereich durch das Patientenverfügungsgesetz nicht bereits abschließend geregelt? Sind ggf. die im Gesetzentwurf zahlreich verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe geeignet, den behandelnden Ärzten ausreichend klare Handlungsvorgaben zu geben?" schreibt zum Beispiel der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Nescovic in einer Pressemitteilung.
Ich bitte Sie, Ihre Position zu diesem undemokratischen Eilverfahren möglichst schnell in die Öffentlichkeit zu tragen.
mit freundliochen grüßen,
mirko olostiak,
freiburg
Sehr geehrter Herr Olostiak.
Von der überraschenden Aufsetzung dieses Gesetzes auf die Tagesordnung am letzten Donnerstag habe ich auch erst nachträglich erfahren. Ich war an der Teilnahme an den Plenumssitzungen verhindert, weil ich während desganzen Tages im Untersuchungsausschuß zur Aufklärung des Nazi-Untergrundes saß.
Das Gesetz soll bereits in der nächsten Woche verabschiedet werden. Die Koalition hat offensichtlich versucht, wieder einmal eine Verabschiedung quasi versteckt durchzuziehen.
Von der zuständigen Fachabgeordneten der grünen Fraktion, Maria Klein-Schmeink wurden auch öffentlich Nachbesserungen verlangt, die ich unterstütze. Leider bestehen wenig Hoffnungen, daß die Koalition sie übernimmt.
Mit freundlichem Gruß
Ströbele