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Hans-Christian Ströbele
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Gerhard R. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Her MdB Christian Ströbele

Laut "CHIP-Online vom Tage (04.07.2012) hat die Bundesregierung am vergangenen Freitag eine Änderung des sogenannten Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) beschlossen, die einen faustdicken Datenskandal mit sich bringt: Künftig dürfen Meldeämter Ihre persönlichen Daten verkaufen, ohne dass Sie dagegen widersprechen können.
http://www.chip.de/news/Adressauskunft-Widerspruchsrecht-abgeschafft_56540821.html

Ich sehe hierin - wiederum - einen schwerwiegenden Rechtsbruch der Bundesregierung - hier des Schutzes der Persönlichkeitsrechte gegenüber einer beliebigen wirtschaftlichen Verwertung.

Wie bewerten Sie - neben der datenschutzrechtlichen Relevanz - hier die Wirkung dieser Entscheidung???

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Roloff.

Sie hatten völlig Recht mit Ihrer Frage. Inzwischen diskutiert die halbe Republik über diesen Skandal.

Allerdings hat nicht die Bundesregierung diesen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in Bürgerrechte beschlossen, sondern die Koalitionsfraktionen haben dies verbrochen. Im Entwurf der Bundesregierung war noch eine andere Regelung der Weitergabe von Meldedaten an Firmen und Werbetreibende vorgesehen nämlich, wer Werbung will, muss dem ausdrücklich zustimmen. Aber am Mittwoch, den 27.6. 2012, hatte die Koalition überraschend im Innenausschuß beantragt, diese Regelung zu ändern und die Datenweitergabe von den Meldeämtern zu den Adresshandel zuzulassen, es sei denn , es wird ausdrücklich widersprochen. Dieser geänderten Gesetzentwurf wurde dann am folgenden Abend in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Eine Debatte fand nicht statt. Die Redebeiträge wurden zu Protokoll gegeben. Die grüne Fraktion hat gegen das Gesetz gestimmt und gefordert, es im Bundesrat scheitern zu lassen. Am 6.Juli hat der zuständige Kollege Wieland eine entsprechende Presserklärung abgegeben.
Ich selbst hatte von der Änderung der Gesetzesvorlage im Innenausschuß, dem ich nicht angehöre, nichts erfahren. Am Mittwochnachmittag mußte ich an einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums teilnehmen. Am Donnerstag war ich von morgens bis abends 20.47 Uhr im Untersuchungsausschuß zur Aufklärung der Vorgänge um den Nationalsozialistischen Untergrund gebunden.
Inzwischen ist wohl als sicher davon auszugehen, daß das Gesetz so nicht verabschiedet, sondern spätestens im Bundesrat gestoppt wird. Selbst die Bundesregierung hat entsprechende Schritte angekündigt.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele